In der Realität gibt es allerdings Tage, die so hektisch sind, dass ich meine Aufgaben gar nicht sortieren und priorisieren kann. Dann ertappe ich mich dabei, wie ich nur noch reagiere und kommuniziere. Und die ganze schöne Systematik, die ich gerade beschrieben habe, findet nicht statt. Diese Szenarien lasse ich außen vor. Ich fange also an zu arbeiten. Ganz oben auf meiner Liste steht die Erstellung eines Konzepts für unser Contentmarketing. Das klappt gut und davon wollen wir mehr. Also soll das jetzt meine wichtigste Aufgabe des Tages sein.

Allerdings habe ich es hier mit einem großen Unterfangen zu tun. Viele Mitarbeiter, ganze Teams und unterschiedliche Disziplinen sind einzubinden. Und ich weiß schon, dass ich alter Hallodri nicht in der Lage sein werde, das am Ende auch umzusetzen. Ich brauche also einen Ort für meine Ideen (Konzept kann man das anfangs eh kaum nennen), der im Unternehmen offen zugänglich ist und an dem meine Kollegen teilnehmen können. 

Damit scheidet ein Blatt Papier schon mal aus, das bestenfalls für die ersten zwanzig Minuten oder bei sehr konzentrierter Arbeit auch für die ersten zwei Stunden geeignet ist. Aber ich kriege in meinem Arbeitsalltag eh keine unterbrechungsfreien zwei Stunden geschenkt. Da fange ich mit Papier gar nicht erst an, denn mir ist auch bewusst, dass ich diese Notizen in diesem Leben nicht mehr digitalisiert bekomme. Besser sind für mich Werkzeuge, die ich in kurzen Intervallen, aber über längere Zeiträume hinweg nutzen kann, um Beiträge zu einem Thema zusammenzuführen.

In unserer Welt sind das Google Docs (das moderne Pendant zu Microsoft Word aus der Office-365-Suite) oder eben eine Wiki-Seite, die bei uns im Intranet erstellt wird, das auf Atlassian Confluence basiert. Beides hat Vorteile. Für ein langfristig angelegtes Konzept ist ein Wiki deutlich besser geeignet. 

Aber gehen wir mal davon aus, dass ich gerade unterwegs bin. Ich habe nur mein Smartphone dabei und sitze im Bus. (Das kommt öfter vor, seit wir in der Firma ein Jobticket haben.) Dann schreibe ich die ersten Zeilen und Gedanken in ein Google Doc. Die mobile App ist cool und funktioniert auch ohne Internetverbindung. Sobald ich aber am Desktop-Rechner bin, kopiere ich den neuen Text in meine Wiki-Seite. 

Warum ein Intranet so ein simples Google Doc aussticht, habe ich an anderer Stelle ausführlich behandelt. Ich schreibe Ihnen den Kurzlink mal auf: https://seibert.biz/wikiintranetvorgoogledocs

Hier ist mir erst mal wichtig zu zeigen, wie divers meine Werkzeugnutzung ist: Die Aufgabe erstelle und verwalte ich in Jira. Den Text beginne ich in Google Docs. Am Rechner überführe ich den Text in eine Wiki-Seite in Confluence. Da haben wir schon drei unterschiedliche Werkzeuge, die für meinen digitalen Arbeitsplatz unverzichtbar sind, um mal ein anständiges Buzzword rauszuhauen. Hehe, ja, ich kann Ihnen auch gerne schnell einen Bingozettel zum Ankreuzen ausdrucken, wenn Sie mögen!

Jedenfalls sind diese drei Tools nur der Anfang. Insgesamt gibt es locker fünfzig unterschiedliche Software-Systeme, die ich bei uns brauche. Und Leute, die in größeren Unternehmen arbeiten, brauchen vermutlich noch mehr. Hören Sie also auf, nach der einen Lösung zu suchen, die alles kann. Das ist schlicht unerfüllbar und macht sehr unglücklich.

Aber zurück zu meinem Konzept, das jetzt auf der Wiki-Seite gelandet ist. Warum eine Wiki-Seite? Die Liste mit den Vorteilen ist lang. Aber fangen wir doch spaßeshalber mal mit den Vorurteilen an.

“Ein Wiki? Nee, brauchen wir nicht. Wir sind ein richtiges Unternehmen.” So ähnlich haben Kunden einem unserer Linchpin-Partner mal auf die Frage geantwortet, ob ein Intranet auf Wiki-Basis gewünscht sei. Eigentlich ist das eine sinnvolle und korrekte Frage. Denn auch wenn Atlassian seine Software Confluence gerne als “Team Collaboration Software” verkauft, so handelt es sich doch im Kern um ein Wiki. Okay, sagen wir “Enterprise Wiki”, um auf den Hauptanwendungszweck im Unternehmen hinzuweisen. Aber Wiki bleibt Wiki. Und das erinnert die Unternehmenslenker an Wikipedia.

Das ist doch dieses nicht steuerbare, dezentrale Wissenslexikon, das von ganz vielen Nerds und Tausenden Einzelpersonen geführt wird. Passt das zu unserer Firma? Keinesfalls! Es mag ja Unternehmen geben, die dezentral organisiert sind. Aber unseres gehört nicht dazu. Bei uns wird noch in weiten Teilen “angesagt, wo es lang geht”. Wir brauchen kein Wiki.

Das klang für mich lange total absurd. Aber inzwischen weiß ich, dass Leute in vielen Unternehmen genauso denken. Lassen Sie mich mal erklären, warum Sie genau dann, wenn Sie ein Unternehmen mit zentralen Führungsstrukturen haben, auf ein Wiki setzen sollten. Und ich will Ihnen zeigen, warum ein Wiki die Word-Dokumente in Office 365 oder die Google Docs schlägt. Dafür brauchen Sie übrigens nicht mal Confluence. Fast jedes andere Wiki tut’s auch.



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Nie zuvor wurde die Unternehmenswelt so sehr von Cloud-Software und Spezialanbietern überrannt wie jetzt. Es gibt so viel Software, dass es immer schwieriger wird, den Überblick zu behalten. Umso wichtiger ist es für die Zukunft von Unternehmen, einen Ort der digitalen Zusammenkunft zu haben. Einen verlässlichen Heimathafen, sinnvoll vernetzt mit den zahlreichen anderen Systemen. Eine Möglichkeit, sich einfach und schnell zu orientieren, die Transparenz im Unternehmen zu erhöhen und die Zusammenarbeit effektiver zu gestalten.
Dieses Buch verrät Ihnen aus langjähriger Erfahrung heraus, wie das heute schon geht und welchen vermeintlichen Trends Sie lieber nicht folgen sollten.

Über den Autor

Martin Seibert war 17, als er das Softwareunternehmen Seibert Media gründete. 24 Jahre später hat es knapp 200 Mitarbeiter und macht 35 Millionen Euro Umsatz im Jahr. Seine Begeisterung für Technologie teilt er seit vielen Jahren in YouTube-Videos – und jetzt auch in seinem neuen Buch über Social Intranets.


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Dieser Inhalt wurde zuletzt am 17.04.2020 aktualisiert.

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