Echt jetzt? – Seibert Media denkt Agilität ne‪u

Episode 5: Sind wir eigentlich zu agil? Oder warum es Prozesse bei uns schwer haben.

16. September 2021,  47 Minuten

In dieser Episode reden wir darüber, warum es Prozesstreue bei uns schwer hat. Außerdem begrüßen wir unsere neue Mitdiskutantin Alina, die als Ersatz für Sarah ab sofort mit an Board ist und nutzen die Gelegenheit, auch die Werdegänge von Ralf und Jo nochmal zu erläutern.

Shownotes:

Service-Owner*in
Die Rolle Service-Owner*in übernimmt Verantwortung für einen (internen) Dienstleistungs-Bereich z.B. Personal. Dabei hat die Rolle einen umfassenden Überblick über die Teilbereiche des Services, unterstützt die kontinuierliche Weiterentwicklung und agiert als primäre Ansprechperson.

Wir freuen uns auf Feedback und Fragen an echtjetzt@seibert-media.net.


Transkription des Podcasts

Hier findet sich eine Abschrift dieser Podcastepisode.

Ralf Janssen:

Also ich bin ja der Meinung, Seibert Media braucht mehr Prozesstreue.

 

Jo Seibert:

Echt jetzt? Da müssen wir unsere Freiheiten aufgeben?

 

Alina Hamm:

Da sollten wir wohl mal genauer hinschauen.

 

 

Echt jetzt? Seibert Media denkt Agilität neu.

Wir sind auf dem Weg zu einer kollegialen Netzwerk Organisation. Dabei begleitet uns Ralf Jansen von Compano als Experte für kollegiale Führung. Wir sprechen über Menschen, Veränderungen im Unternehmen und agilen Mythen, denen wir selbst eine Zeit lang auf den Leim gegangen sind.

 

Ralf, Alina, Jo

Eins, zwei, drei.

 

Jo Seibert:

Ja, ich freue mich, dass wir endlich mal wieder zusammensitzen und über kollegiale Führung bei Seibert Media reden, nach dieser langen Sommerpause. Es hat sich auch einiges getan bei uns. Und zwar weil die Sarah leider ja nicht mehr unter uns ist, zumindest in dieser Runde jetzt hier. Dafür haben aber die Alina dabei. Und ja, Alina, es freut mich sehr, dass du unsere illustre Runde hier beglückst.

 

Alina Hamm:

Mich auch!

 

Jo Seibert:

Und ja, das ist schön, dass du da bist. Und vielleicht erzählst du noch mal ein bisschen was über dich und was dich hierher gebracht hat, dich zu Seibert Media gebracht hat und so..

 

Alina Hamm:

Ja, sehr gerne. Ich bin Alina. Ich bin 23 Jahre jung, bin im Mai 2019 zu Seibert Media gekommen, war die meiste Zeit im Team Personal Mitglied und bin vor ungefähr vier Monaten dann in den Bereich OE gewechselt. Damals mit der Idee, dass ich einfach ein bisschen helfe bei der Aufbereitung von Informationen, bei der Kommunikation, bei der Organisation, aber natürlich in dem Zuge auch die Themen, die in diesem Prozess und vielleicht auch die Probleme, die so aufkamen, mitzudenken und mitzudiskutieren.

 

Alina Hamm:

Und jetzt, wo Sarah uns verlassen hat, darf ich das auch hier in dem Podcast tun. Vielleicht noch kurz privat zu mir. Ich wohne in Wiesbaden mit meiner Tochter und versuche quasi Job, Mama sein und den ganzen restlichen Wahnsinn unter einen Hut zu bekommen. Würde auch behaupten, dass ich das meistens ganz gut hinbekomme und hobbymäßig gehe ich einfach sehr sehr gerne raus. Ich bin so eine kleine Frischluft-Fanatikerin, bin gern kreativ oder wenn der Schweinehund mal nicht hinguckt, bewege ich mich auch mal, ja soweit zu mir.

 

Jo Seibert:

Und du hast ja auch erzählt, dass du quasi familiär schon so ein bisschen Beziehung zur Organisationsentwicklung hast. Magst du darüber auch etwas erzählen?

 

Alina Hamm:

Ja, gerne. Also auf jeden Fall so in dem Bereich Coaching und systemischen Denken, meine Mama, die ist Diplom-Psychologin und war ganz lange selbstständig im Bereich Coaching unterwegs, hat ganz viele verschiedene Seminare gegeben im beruflichen Kontext. Und ist jetzt seit ein paar Jahren bei der Stadt Wiesbaden als Führungskräfte-Entwicklerin. Was ja auch ein wichtiger Bestandteil von so einer Organisation ist. Und da habe ich auf jeden Fall den ein oder anderen Gedanken schon mitbekommen. Wobei ich dann an der Stelle auch noch mal anmerken würde, ich werde die Sarah hier nicht ersetzen können, weil mein Input einfach ein ganz anderer sein wird.

 

Alina Hamm:

Sie war ja sehr seniorig, sowohl bei Seibert Media als auch in dem Thema Organisationsentwicklung. Und ich bin eher die Juniorige. Aber ich glaube, genau das kann auch ein großer Gewinn sein, weil ich damit einfach noch mal einen anderen Blickwinkel darauf gebe. Vielleicht die eine oder andere Frage stelle, die sich auch Kolleg*innen stellen oder Hörer*innen da draußen. Und ich glaube, ich kann von mir behaupten, ich bin auch ein sehr empathischer, feinfühliger Mensch. Und vielleicht bin ich da hier und da ein ganz schöner Gegenpol ...

 

Jo Seibert:

Mit uns beiden...

 

Alina Hamm:

Zu euch beiden, ja..

 

Ralf Janssen:

Klötzen... Ja, ich bin sehr glücklich darüber.

 

Ralf Janssen:

Das heißt also die Senioren hier...

 

Alina Hamm:

Die alten Hasen...

 

Jo Seibert:

Ja, das wurde dir ja quasi ein bisschen mit in die Wiege gelegt. Das finde ich spannend. War das bei dir auch so Ralf? Wie kamst denn du eigentlich zu der ganzen Sache?

 

Ralf Janssen:

Aber bei mir wurde das Unternehmertum in die Wiege gelegt. Ich bin ja Sohn eines Unternehmerhaushalts und das ganze, die Familiendynastie so ungefähr ist ja immer Unternehmer gewesen. Insofern bin ich jetzt auch schon seit, ich habe gerade noch gerechnet, seit über 30 Jahren schon selbstständig, obwohl ich ja gar nicht so alt bin. Nee, aber zur Kollegialen Führung bin ich ja anders gekommen. Ich habe ja erst ganz klassische Unternehmensberatung gemacht und dann gab es irgendwann mal so das Gefühl von mir, so diese typische Fachberatung erst mal, hat es mir nicht mehr so viel Spaß gemacht.

 

Ralf Janssen:

Aber vor allen Dingen habe ich gemerkt, ich konnte nicht mehr so wirksam sein, weil die Fragestellung, die an mich gestellt worden sind als Unternehmensberater, die waren so komplex, dass ich sie gar nicht mehr richtig beantworten konnte. Und dann habe ich mir halt eben schon vor zehn Jahren, weit bevor Agilität so eine Mode geworden ist, habe ich mir schon überlegt, wie kann man den partizipativ Unternehmensberatung machen? Und habe dann eben in den Unternehmen mit den Mitarbeitern gearbeitet, weil ich daran glaube, dass die Mitarbeiter selber bessere Lösungen erarbeiten können als ein externer Berater.

 

Ralf Janssen:

Und so kam das erst einmal so von der Haltung her, dass ich sagte, ja, ich will anders arbeiten. Und dann hatte ich irgendwann mich natürlich mit dem Thema Selbstorganisation beschäftigt. Das ist jetzt auch seit ein paar Jahren ja erst so richtig angekommen in Deutschland, in den Organisationen und hatte dann irgendwie einen ersten Auftrag, den ich auch per Zufall mehr oder weniger irgendwie bekommen habe. Ich habe da gar nicht aktiv akquiriert, sondern wir haben uns kennengelernt, irgendwo in einem Ausbildungs-Kontext, beim Kaffeetrinken und dann sagte er, ja, ich habe hier ein Unternehmen mit 200 Mitarbeitern, da habe ich übernommen von meinem Vater. Ich will das Selbstorganisations-mässig aufziehen und ich habe gesagt, super, ich interessiere mich dafür und kann das begleiten.

 

Ralf Janssen:

Und so bin ich dann ganz jungfräulich, zwar mit einer guten Ausbildung, guten Haltung, an den Job gekommen, aber natürlich noch mit wenig Erfahrung und auch vor allem wenig Methoden und Praktiken. Und mitten in diesem Auftrag kam dann das Buch von Bernd Österreich und Claudia Schröder heraus. Und da habe ich ein Stoßgebet zum Himmel geschickt im Sinne von, wow, da hat sich einer mal die Mühe gemacht, diese ganzen Methoden und Praktiken, Prinzipien zusammenzuschreiben zu schreiben als ein Kompendium und das hat mir unheimlich geholfen in der Firma, die ich damals betreut habe, und dann hatte ich parallel schon den zweiten Auftrag, einfach auch mehr Strukturen und Prozesse und Methoden reinzubekommen.

 

Ralf Janssen:

Weil das ist ja relativ neu in dieser Art, so sind wir ja alle ein bisschen Pioniere gewesen in den letzten zehn Jahren. Und da hat mir das Buch halt geholfen und da habe ich meinen Weg gemacht. Und mittlerweile haben wir ja sogar eine agile Gilde gegründet, also Gilde Agile Organisationsentwicklung mit Bernd Österreich und Claudia Schröder zusammen und noch mittlerweile über 60 weiteren Mitgliedern. Und da betreiben wir das Thema einfach weiter, forschen daran und entwickeln uns weiter zusammen.

 

Alina Hamm:

Da war ich vorhin auf der Seite. Ich habe gesehen, da kann man sogar den Organisationsentwickler oder die Organisationsentwicklerin in der Nähe finden. Fand ich ganz cool. Waren alle aufgelistet.

 

Ralf Janssen:

Weil wir auch einen engen Bezug haben wollen. Ja, es werden noch viel mehr. Das sind erst die ersten drauf.

 

Jo Seibert:

Ja gut, dann muss ich ja auch noch mal kurz erzählen, weil ich habe mit Organisationsentwicklung ja eigentlich gar nichts so richtig am Hut und es war eher umgekehrt. Der Martin und ich haben das Unternehmen ja vor mittlerweile 25 Jahren gegründet und der Martin hat mir lange Jahre vorgeworfen, ich würde gar keine Geschäftsführer-Tätigkeiten machen, weil ich eigentlich Entwickler war und auch Informatik studiert habe und bei uns lange viel gecooded habe und auch in Kundenprojekten war und so weiter. Und es kam eigentlich erst so mit der mit dem Start von Scrum, so 2007, 2008 oder so was. Wo wir dann gesagt haben, wir müssen irgendwie an unseren Prozessen arbeiten und dann fand ich das irgendwie spannend. Da war der richtige Zeitpunkt und dann hat sich das entwickelt.

 

Jo Seibert:

Mittlerweile programmiere ich dann eher nicht mehr, sondern mache nur noch so Laber-Runden wie diese hier [lacht]. Aber man gewöhnt sich an alles. Wo wir noch drüber sprechen wollten, Alina. Nachdem wir jetzt über unsere Historie oder unseren Werdegang gesprochen haben. Du bist ja jetzt so zwei Jahre ungefähr bei uns und gerade am Anfang erzählen ja auch viele, dass Arbeiten bei Seibert Media ist wie im Paradies oder so. Und irgendwann kommt dann so der Aha-Moment, wo man merkt, okay, wir machen zwar vieles anders. Anstrengend ist es aber trotzdem. Wie waren das bei dir?

 

Alina Hamm:

Absolut. Gerade auch dieses Seibert Media als Paradies in der Arbeitswelt. Hättest du mich irgendwie im Mai 2019 vom Seibert Media Office abgefangen, hätte ich dir das unterschrieben. Absolut. Und es ist auch in ganz, ganz vielen Punkten so. Aber man muss halt mit der Zeit schon auch realisieren, oder man realisiert einfach, ob man will oder nicht, dass dieser agile Weg zum einen mitunter super anstrengend ist und manchmal auch zu Frustrationen führt. Da habe ich zum Beispiel erlebt, ich habe damals eine Umfrage vorbereitet, als ich noch im Team Personal war, mit der ich mal hören wollte, hey, was macht denn Seibert Media als Arbeitgeber für unsere Mitarbeiter*innen aus?

 

Alina Hamm:

Und auch so ein bisschen Bezug auf unsere Werte genommen habe. Habe da viel Zeit reingesteckt, viel Hirnkripps und wollte dann eigentlich nur noch mal Rücksprache halten mit einem Actual Coach, ob dem noch was einfällt und der meinte dann mehr hm, lass das mal lieber, weil am Ende weckst du damit Erwartungen, die wir gerade so nicht erfüllen können. Und dann war ich schon erst mal frustriert und dachte mir, ja toll, das hätten wir auch irgendwie vorher mal klären können und das kann halt passieren.

 

Alina Hamm:

Dadurch, dass wir halt keine klaren Prozesse haben, viel Freiheit haben, Projekte anzustoßen, kann es halt auch mal passieren, dass irgendwann jemand kommt und sagt, hmm, willst du das wirklich so machen? Und du dir denkst, ja, stimmt, das habe ich gar nicht bedacht, Mist. Und ein anderer Punkt, wo ich so ein bisschen meine rosarote Brille abgenommen habe, ist dieses, wir sind alle auf Augenhöhe und jeder kann jedem alles sagen. Es ist auf jeden Fall in vielen Punkten so, aber wir sind halt auch alle Menschen und wir sind verschiedene Charaktere.

 

Alina Hamm:

Und da gibt es halt, ich glaube, das habt ihr auch schon bei einem Podcast angesprochen. Die Lauten und die Leisen, die Extrovertierteren, die Dominanteren und die eher Zurückhaltenden und natürlich auch Leute, die einfach unterschiedliche Historien haben. Und da musste ich mir dann auch eingestehen, okay, hm, irgendwie, wenn Person X das sagt, hat das irgendwie mehr Gewicht, als wenn ich das sage. Ich hatte tatsächlich teilweise wirklich die Situation, dass ich was gesagt habe und das relativ schnell durch war so.

 

Alina Hamm:

Und wenn das aber jemand anderes gesagt hat, dann wurde da, ah ja stimmt, das müssen wir ja so machen. Wo ich mir dann auch dachte hä. Das musste ich mir dann schon auch eingestehen. Und da noch einen Schritt weiter, als sich das Team Personal so ein bisschen neu strukturiert hat, ging es auch um die Rolle Service Owner und ich hatte so ein, zwei Kritikpunkte an der Besetzung und saß dann da im Meeting und habe überlegt, okay, sage ich die jetzt oder sage ich die nicht?

 

Alina Hamm:

Und ich habe mich letztendlich dazu entschieden, habe sie gesagt. Es wurde auch total gut und wertschätzend aufgenommen, dieses Feedback. Aber ich habe gemerkt, okay, so ein bisschen so eine Hürde ist da. Und ich glaube, das muss man sich einfach eingestehen. Ich meine, Jo, du bist schon länger hier. Wie nimmst du das wahr?

 

Jo Seibert:

Na ja gut, dieses Thema hatten wir ja auch schon. Wie du schon sagst, haben wir in den vorherigen Episoden schon, dass wir sowohl das Thema Feedback als auch das Thema, ja vielleicht auch informelle Macht oder so was, das ja eigentlich ein Grund, warum wir hier über kollegiale Führung sprechen wollen. Interessant finde ich den Punkt, den du als erstes gesagt hast, Prozesstreue nennst du den ja, Ralf. Du attestiert uns ja eigentlich, eben genau das nicht zu können. Also Frage, sind wir eigentlich zu agil?

 

Ralf Janssen:

Die Frage ist, was heißt jetzt zu agil? Also ich finde, Agilität hat schon auch ganz viel damit zu tun, dass man eben auch Prozesse verabredet und an die man sich hält, wenn man Scrum nimmt als Musterbeispiel, weil es jeder kennt. Da gibt es bestimmte Prozesse und Rollen und Artefakte. Und natürlich muss nicht immer alles lehrbuchmäßig umgesetzt werden. Aber wenn man sich schon innerhalb einer Organisation auf einen Prozess einigt, dann sollte man ihn auch einhalten, weil sonst macht es keinen Sinn, sich vorher darauf zu einigen.

 

Ralf Janssen:

Man kann den ja auch gerne wieder anpassen auf das Bedürfnis aller Beteiligten aber Vereinbarungen sollte man auch halten, weil wir sind ja hier eine Organisation von jetzt knapp 200 Mitarbeitern. Und wenn wir alle dann ständig irgendwie verabreden, wir wollen das alles so machen und machen es dann anders. Dann wird es auf Dauer schwierig. Und das haben wir im Kleinen beobachtet, wie wir uns selbst auch verabredet haben. Wie wollen wir uns im OE Kreis organisieren? Machen ein Kanban Board und dann bleibt das Kanban Board aber erst mal sechs Wochen unbeachtet liegen und wird nicht gepflegt oder so.

 

Ralf Janssen:

 Da haben wir auch schon so eine Erfahrung gemacht und ich vermute, das hat schon damit zu tun, dass Selbstorganisation, na ja, manchmal so verstanden wird, ich kann mich ja selbst organisieren. Aber Selbstorganisation und Organisation ist nicht, ich kann mich selbst organisieren. Das können wir natürlich sowieso alle, sonst würden wir gar nicht durchs Leben kommen, sondern die Organisation muss sich selbst organisieren und dazu gehören verbindliche Meta-Prozesse, wie wollen wir zusammenarbeiten und wie wollen wir Entscheidungen treffen und so weiter.

 

Ralf Janssen:

Und ich finde, das ist so ein bisschen das, was Seibert in diesem Prozess noch mehr zu lernen hat, damit kollegiale Führung auch wirklich sein Potenzial entfaltet und Wirksamkeit entfaltet.

 

Jo Seibert:

Das finde ich, ja gut, also es ist immer eine Sache, über die ich auch drüber nachdenke. Also ich erlebe das ja schon. Also es gibt natürlich vereinbarte Prozesse und die werden auch gelebt und die leben auch. Meint also, sie sind nicht so, wie sie vor fünf Monaten ausgedacht wurden oder so was, sondern sie verändern sich dauernd und sie sind eher in den Köpfen der Leute als dokumentiert, irgendwo auf einer Wiki-Seite oder so was. Und da leben sie immer weiter.

 

Jo Seibert:

Und ich stelle schon fest, dass es uns schwerfällt, so eine Dokumentation für einen Prozess zum Beispiel zu erstellen und die dauerhaft irgendwie zu pflegen, weil die Leute sagen, ja, mache ich das sowieso, brauche ich ja nicht dokumentieren. Und wir wissen ja auch alle, wie's geht. Und wenn man eine kleine Abwandlung macht, dann haben wir die auch irgendwie besprochen und dann funktioniert das intuitiv. Und ich glaube, in so einem Team Kontext mag das ja auch vielleicht noch stimmen. Wir merken natürlich, wenn es einen größeren Kontext gibt und wir über 200 Leute reden, dann wird es natürlich schwieriger.

 

Ralf Janssen:

Aber wenn jeder mit jedem Prozess in seinem Kopf hat, ja dann auch da ein bisschen weiterentwickelt, dann weiß ja gar nicht der andere wie hat der in seinem Kopf sein Prozess weiterentwickelt? Das ist das, was ich meine. Ein gemeinschaftliches Verständnis zu entwickeln, wie wollen wir zusammenarbeiten, heißt nicht, dass jeder sein Verständnis von selbst im Kopf hat und weiterentwickelt, sodass man es gemeinsam weiterentwickelt. Und natürlich muss man nicht jeden Prozess aufschreiben, aber man muss trotzdem eine Verbindlichkeit haben. Wir wollen so oder so zusammenarbeiten und das muss ja nicht direkt immer eine detaillierte Prozess-Dokumentation erforderlich sein.

 

Alina Hamm:

Ich würde sogar sagen, es noch wichtiger, dass das verinnerlicht wird. Weil wir haben ja ganz viele Prozesse, die irgendwo mal dokumentiert sind. Aber was bringt die Dokumentation, wenn es dann nicht verinnerlicht und im Arbeitsalltag gelebt wird?

 

Ralf Janssen:

Es ist eine andere Ebene, auch vor allen Dingen von Prozessen, wenn man normale Arbeitsprozesse denkt in Organisationen. Da werden eher die inhaltlichen Arbeitsprozesse dokumentiert. Also wie entsteht ein Produkt oder wie wird ein Vertrieb oder Marketing organisiert etc. Das ist auch vielen geläufig. Das werdet ja sicherlich auch ganz viel haben. Aber bei kollegialer Führung geht es ja auch darum, wie zum Beispiel die Leisen und die Lauten oder informelle Machtstrukturen und so weiter. Das sind ja sehr, sag ich mal, komplexe und auch schwierige Themen.

 

Ralf Janssen:

Und dazu braucht man um das zu verändern braucht man halt Meta-Prozesse, die unbekannt sind und die unbequem sind, den Leuten, die muss man denen erst mal nahebringen und sagen, warum sollen wir denn vielleicht im Gesprächskreis sitzen, ja, damit eben die Lauten nicht die Leisen dominieren? Und warum treffen wir denn Entscheidungen mit Widerstands-Messungen oder warum machen wir eine kollegiale Rollenwahl, ja. Das hat ja Gründe, dass wir es so machen. Und dann muss man auch am Anfang die kollegialen Führungswerkzeuge und Methoden kennenlernen und zwar im Original, damit man sich erstmal ein Urteil bilden kann, was macht das für ein Unterschied diese anzuwenden? Und wenn man die dann mal einmal konsequent mal verinnerlicht hat und angewendet hat, dann kann man auch gerne wieder davon abweichen.

 

Alina Hamm:

Genau das erleben wir ja gerade. Wir haben ja den Portfoliokreis konstituiert und jetzt war ich gestern bei einer ersten Wahl für einen Vertreter, für eine Vertreterin dabei. Und ich hatte schon das Gefühl, dass während dieser Wahl der ein oder andere dachte, hey es ist doch eh klar, wer es wird. Warum sitzen wir denn hier und müssen jetzt diesen Prozess durchspielen?

 

Jo Seibert:

Ja genau das ist auch so eine Sache, die ich auch erlebe. Also wir haben ja auch nicht alles falsch gemacht, sonst wären wir ja nicht da wo wir jetzt sind und es lebt ja schon auch, oder das Unternehmen lebt dadurch, dass Leute Verantwortung übernehmen und auch nachdenken, bevor sie Entscheidungen treffen und solche Sachen. Und natürlich ist das jetzt so eine Sache, wo man irgendwie, also ich erinnere mich an die Scrum Einführung, wo wir auch angefangen haben und gesagt haben, so, wir machen Scrum By the book und das ist ja, was du gerade erzählt hast, Ralf, es wird ja auch bei Scrum Coaches immer erzählt.

 

Jo Seibert:

Shu Ha Ri, also lern erstmal, also beim Kampfsport. Die Analogie lern erst mal die Methode, mach sie nach, wie sie eben im Buch steht, wie sie gemacht wird und dann wirst du zum Meister, kannst du variieren und irgendwann bist du dann Bruce Lee und kannst kämpfen wie du willst, weil du das einfach verinnerlicht hast und dann irgendwie eine Haltung, vielleicht kommen wir später noch mal drauf zurück, entwickelt hast. So, und jetzt die Frage machen wir gerade Shu, also müssen wir gerade ganz viel Methodik ausprobieren.

 

Jo Seibert:

Aber an welcher Stelle kommt denn dann die Erkenntnis? Und das ist ja auch so eine Frage, die ich mir stelle. Wir machen dann Wahlprozesse, wir wollen Vertreter wählen, auch wenn wir vielleicht schon herausgefunden oder vorher gesagt haben, mir ist doch sowieso klar, wer es wird. Aber irgendwie braucht es ja schon Momente, wo, sagen wir mal, eine Erkenntnis daraus entstanden ist, wo man sagt, ja, okay, stimmt, das ist was anderes passiert, als ich erwartet hätte. Wenn es immer so ausgeht, wie wir es vorher schon wussten, dann wird die Erkenntnis aber auch nicht kommen.

 

Alina Hamm:

Vielleicht können wir ja dann bei der nächsten Folge von einer Erkenntnis berichten, wenn noch ein paar Wahlen gelaufen sind.

 

Jo Seibert:

Vielleicht sind wir auch zu ungeduldig, Ralf, oder was meinst du?

 

Ralf Janssen:

Kollegiale Führung ist ja nicht das Konstituieren von Kreisen. Ja, das ist am Anfang natürlich so ein erstes Erlebnis, dass man Kreise konstituiert und die Wahlen dazu macht. Und dann sitzt man dann nachher quasi im Kreis und dann fängt die kollegiale Führungsarbeit an, dann muss ja die Arbeit verteilt werden, dann müssen ja Entscheidungen eben im Plenum, sage ich mal, getroffen werden, wenn es größere Sachen sind. Dann muss einzelne Verantwortungsübernahme von Menschen in Rollen oder auch einzeln einmal irgendwie übernommen werden etc.

 

Ralf Janssen:

Und dann kommen auch Konflikte und Spannungen auf. Und wie werden die denn dann prozessiert? Läuft man dann zum nächsten irgendwie, um die zu lösen? Oder ist man in der Lage Konflikte selber zu lösen etc.? Also das dann erfolgende miteinander Arbeiten ist eigentlich das, was kollegiale Führung ja auch verändern soll. Es geht hier nicht um Kreise malen und dann mal zu initialisieren. Und jetzt sind wir im Kreis und machen dann so weiter wie vorher, sondern das ist ja genau der Unterschied.

 

Ralf Janssen:

Und deswegen können jetzt noch gar keine großen positiven Erfahrungen, in operativen Teams ankommen, weil die müssen erst mal ein halbes/Dreivierteljahr damit arbeiten. Und dann haben wir natürlich das Thema Retrospektiven, um das zu reflektieren etc. Es wurden ja diesen Teams und auch ich weiß noch nicht, ob überhaupt jemals irgendwie auf kollegiale Führung schon in irgendwelchen Kreisen Retrospektiven gemacht worden sind. Wir sind ja noch so jung damit. Ich habe zumindest noch keine Retrospektive wahrgenommen.

 

Jo Seibert:

 Gut, das ist ja auch ein Punkt, den wir in der letzten Zeit so ein bisschen diskutiert haben. Tiefe versus Breite also, wollen wir da jetzt ganz viele Kreise gründen und das ganze Unternehmen besteht dann nur noch aus Kreisen. Oder wollen wir irgendwie erst mal sagen Jetzt hören wir mal auf mit Kreise bilden, jetzt kümmern wir uns mal um die, die schon da sind. Und dass die wirklich in diese Art von Arbeiten hereintauchen.

 

Alina Hamm:

Das merken wir ja auch im OE Kreis einfach immer wieder, wie viele Themen aufsprudeln. Und da lernen wir ja auch noch uns zu regulieren.

 

Ralf Janssen:

Also was ich da so beobachte ist ja, dass wir, als wir begonnen haben mit dem Prozess, haben vor allen Dingen die Leute laut gerufen, wo schon lange Zeit Unklarheit für irgendetwas bestand oder Unzufriedenheit bestand etc. Und deswegen kommt jetzt aus allen Ecken und Kanten gerade so das Thema, ha, hier brauchen wir noch einen Kreis und dabei brauchen wir dieses und jenes, um so Klarheit für etwas zu schaffen. Das ist auch gut so. Aber wenn wir natürlich jetzt über die gesamte Unternehmensbreite jeder der da quasi aufruft, wir machen das und machen nur die Kreisgründung und haben dann nicht die Kapazität sich auch intensiver damit zu beschäftigen, was bedeutet das jetzt eigentlich diese Kreis Organisation? Wie wollen wir uns denn anders verhalten in den Kreisen als vorher?

 

Ralf Janssen:

Wir haben jetzt gerade diese tolle Übung gemacht. Wo wollen wir weg von, wo wollen wir hin zu. Das ist ja noch nicht umgesetzt worden. Aber das ist ja die Frage, wie wollen denn wirklich die Leute im Unternehmen anders zusammenarbeiten? Das ist ja nur quasi der erste Rahmen, der gesetzt worden ist mit der Kreis Organisation.

 

Ralf Janssen:

Und ich glaube, das ist jetzt der nächste wichtige Schritt. Und da war ja meine Empfehlung, jetzt nicht nur alle jetzt in der Kreis Organisation aufgehen zu lassen. Das ist sicherlich ein Beschreiben von dem was da ist, aber was wichtig wäre eben so ein, zwei, drei Kreise mal ganz konsequent zu sagen so, die setzen sich intensiv damit auseinander. Was bedeutet das jetzt für uns? Was ist die Veränderung für Seibert? Was ist die Veränderung für unseren Kreis oder unseres Teams?

 

Ralf Janssen:

Und das auch eng zu begleiten und auch von außen, sage ich mal mit Reflexionsangeboten zu begleiten. Damit, und das ist ja der Grund, ein gewisses anderes Denken und Handeln entstehen kann. Ansonsten habe ich so ein bisschen immer die Sorge, dass einfach ganz schnell mit den alten gewohnten Mustern einfach das Neue angewendet wird. Das erlebe ich ja in anderen Organisationen auch. Da wird auf einmal das Organigramm umgehauen und ist auf einmal ein Kreis Modell. Aber es hat sich nichts geändert.

 

Ralf Janssen:

Das ist natürlich bei euch nicht so, weil er nie ein Organigramm in der klassischen Art hattet. Aber trotzdem habt ihr natürlich Denk- und Handlungsmuster, die hier schon ganz lange geprägt worden sind. Und ich unterstelle mal, ist eine Hypothese, aber ihr habt euch ja jetzt ihr beiden Brüder und vielleicht die ersten Gesellschafter, ich weiß gar nicht, wann die dazugekommen sind, aber sehr, sehr früh, und sehr sehr jung gegründet. Und habt auch gar keine eigene Angestellten-Phase erlebt. Also in einem Unternehmen gearbeitet, wo Ordnung und Struktur herrschte.

 

Jo Seibert:

Genau das ist richtig, ja [lacht].

 

Ralf Janssen:

So. Und ihr seid freiheitsliebende Menschen. Das ist ja auch eine persönliche Überzeugung, wahrscheinlich von Martin und dir von Anfang an gewesen. Und deswegen habt ihr auch die Wurzeln von dieser freiheitlichen Organisation mit einem hohen Selbstorganisations-Anteil und wenig Anspruch, ich bin hier der dicke Chef und so weiter. Das ist ja in eurer DNA sehr früh angelegt worden und das ist ja auch gut so, ist eine wertvolle Basis für einen Erfolg und auch für die jetzige Selbstorganisation. Einerseits. Und andererseits sind aber damit eben auch Muster in der Organisation entwickelt worden. Weil natürlich habt ihr die Leute ausgesucht, die zu euch passen. Ihr habt die Leute geprägt und sozialisiert, die letzten 20 Jahre, die zu euch passen. Also habt ihr natürlich bestimmte Muster, Regeln, Spielregeln und so weiter entwickelt, die euch an anderen Stellen vielleicht jetzt hinderlich werden, wenn ihr wachsen wollt. So, und dann muss man erst mal die Muster hochholen, sagen, was ist das denn überhaupt? Was wollen wir denn konkret ändern? Und wie gelingt uns das denn überhaupt? Und das ist nicht nur Kreise und nicht nur Methoden. Das ist einfach auch mit sich, mit sich selbst beschäftigen an der Stelle.

 

Jo Seibert:

Das ist ja das das Thema Haltung. Es ist Methoden oder Haltung. Gut, zurück zu dem, was ich gesagt habe, ist ja die Frage, müssen wir nicht erst mal konsequent Methoden anwenden und sich daraus Haltung entstehen lassen? Also wenn wir jetzt Haltungen postulieren und sagen Ja, die KF ist eine Haltung und die müsst ihr einnehmen. Ja, wie geht das also?

 

Ralf Janssen:

Na ja, also ich bin ja voll dabei. Und die kollegiale Führung ist ja ein Kernelement, dass wir nicht sagen, wir machen vor einen dicken Haltungs-Workshop und schreiben Werte an die Wand und dann sollen die da alle befolgt werden. Das ist richtig alte Welt, das wollen wir gar nicht, sondern wir sagen ja, wir verändern Rahmenbedingungen und wir zwingen die teilweise auch mit hierarchische Anordnung. Da ist ein Paradox in der kollegialen Führung. Es wird hierarchisch angeordnet im Sinne von, jetzt müsst ihr erst mal so arbeiten eine Zeit lang, um eine Erfahrung zu machen.

 

Ralf Janssen:

Und mit den Erfahrungen kann man dann auch, das sage ich mal Vorgegebene sehr selbst verändern, auf sich selbst anwenden und verändern, reflektieren. Und mit diesen gemeinsam Handeln entsteht auch eine andere Haltung. Das ist der grundsätzliche Weg. Der Unterschied ist aber, ich muss aber zumindestens mal ins Bewusstsein gerückt haben von jedem Mitarbeiter, es geht eben um mehr als um Methoden. Es muss die Bereitschaft da sein, sich mal ab und zu zu hinterfragen, sich selbst zu reflektieren und Raum sich nehmen zu wollen manchmal den Dingen mal ein bisschen mehr auf den Grund zu gehen und einfach auch mal eine Retrospektive zu machen, die nicht nur im fachlichen Bereich angesiedelt ist, sondern auch was bedeutet das eigentlich für mich jetzt in meiner Situation? Was bedeutet es für mich als derjenige, der ein informeller Machtträger ist, auf einmal Macht teilen zu müssen? Was bedeutet es für mich, der sich bisher nicht getraut, den Mund aufzumachen, jetzt den Mund aufzumachen?

 

Jo Seibert:

Ja, also das ist ja, was ich zumindest auch so in der Scrum Welt öfter gehört habe, so eine Scrum Einführung funktioniert ja eigentlich nur, wenn du mit dem Rücken an der Wand stehst. Alle haben Leidensdruck und wissen, so geht es nicht mehr weiter. Und wenn du eigentlich kein Problem hast, dann wird es auch nicht funktionieren. Das ist jetzt so ein bisschen die Frage. Ich meine, im Grunde funktioniert es ja bei uns. Also wer erkennt dann das Problem? Und jetzt sind natürlich, wir säßen nicht hier, wenn wir nicht gesagt hätten, okay, wir sind jetzt 200 Leute und wir haben da ein Problem, was auch wächst und wir sehen es. Aber scheinbar sehen es ja nicht alle, weil die Leute bei uns schon auch noch sinnvolle Arbeit machen können.

 

Alina Hamm:

Ich glaube, das ist auch gar nicht unbedingt für jeden spürbar und ich glaube, das ist halt so eine gewisse Schwierigkeit dadurch, dass das Problem nicht für jeden schmerzhaft spürbar ist und wir halt einfach viele freiheitsliebende Menschen haben. Es zeigt glaube ich hier und da schon eine gewisse Skepsis gegenüber dieser kollegialen Führung, wo sich die kollegiale Führung blöd gesagt, so ein bisschen für uns auch glaube ich, beweisen muss. Bringt uns das wirklich was?

 

Ralf Janssen:

Das ist ja das Verrückte und das Besondere auch an meinem Auftrag bei euch. Während ich sonst in hierarchischen Organisationen dazu da bin, Regeln abzubauen und mal mehr Freiheit, ist es hier umgekehrt. Ich muss hier sehr freiheitsliebende Organisation auch immer sagen, befolgt doch mal ein paar Regeln. Das ist genau umgekehrt, als ich sonst arbeite. Warum? Weil ohne Regeln geht es nicht. Und mit zu viel Regeln geht es auch nicht. Also man muss ja den für sich persönlichen Weg oder für die Organisation passenden Weg finden. Irgendwie und natürlich vor ein paar Jahren mit 40, 50, 60, 70 Mitarbeitern habt es so gut hinbekommen. Jetzt habt ihr irgendwo in den letzten anderthalb, zwei Jahre habt ihr ordentlich an Mitarbeitern aufgebaut. Ihr wollt noch mehr Mitarbeiter aufbauen, also verändert sich die Organisation. Und es geht ja nicht darum, dass in der Vergangenheit viel falsch gemacht worden ist. Es geht darum, seid ihr denn für die Zukunft gut aufgestellt? Und da ist ja die Frage ist das erkannt? Ist das der Plan? Natürlich, wenn man einen großen Schmerz hat, bewegt man sich mehr. Aber wenn man eine Erkenntnis hat, wir müssen uns für die Zukunft anders aufstellen, kann man sich ja auch bewegen.

 

Alina Hamm:

Ich habe da so ein bisschen das Bild bzw. die Hoffnung, dass wir ein paar Strukturen und Prozesse etablieren können, die uns dienen und denen wir quasi nicht dienen müssen, weil Strukturen und Prozesse, die mir dienen, die mir den Arbeitsalltag erleichtern. Das ist doch cool. Aber Prozesse, wo ich das Gefühl habe, okay, die schränken mich total ein, da wäre ich vielleicht auch nicht glücklich mit. Aber so wie ich KF bisher kennengelernt habe, ist es ist ja durchaus das Potenzial. Das ist eher das erstere ist

 

Jo Seibert:

Ja, ich glaube, dass das Einschränken ist ja auch immer, also ich glaube schon,  das sagt uns ja der Ralf, ihr diskutiert die Sachen immer zu Tode. Und tatsächlich ist das schon eine meiner ersten Erfahrungen. Wenn wir strukturierter mal arbeiten würden mit Entscheidungs-Vorlagen und Widerstandsmessungen, dann könnten wir uns schon die ein oder andere Minute an Diskussion ersparen. Auch wenn wir vielleicht am Ende zu dem gleichen Ergebnis kommen, weil wir schon viel Bedenken auf den Tisch legen, viel diskutieren, um dann am Ende festzustellen, ja, so groß ist der Widerstand gar nicht.

 

Jo Seibert:

Wir wollten es sowieso alle so machen. Und das wäre ja auch schon so eine Art Einschränkung. Ich kann auf einmal nicht mehr alles sagen, was ich jetzt auf dem Herzen habe und es rauslassen und in der großen Runde ausdiskutieren. Und was ich so ein bisschen mich frage ist, also wir kommen jetzt, Ralf hast du ja schon gesagt, von eigentlich von der anderen Seite. Wir haben zu viel Freiheit. Ist das nicht bedeutend schwerer, eigentlich diese Freiheit wegzunehmen, als wenn du jetzt aus dem Konzern oder in einem Konzern Umfeld bist, wo du gar keine Freiheiten hast und den Leuten die Freiheit gibst und sich da auf einmal Sachen entfalten können und sie merken, okay, ich kann jetzt mehr tun.

 

Jo Seibert:

Also weißt du das hinzugeben versus das wegnehmen. Also mein Eindruck ist wegnehmen schmerzt mehr.

 

Ralf Janssen:

Also Freiheiten wegnehmen ist definitiv, glaube ich irgendwie eine immer größere Geschichte. Aber ich habe jetzt auch zu wenig. Also ich würde sagen, die Frage kann ich in zwei Jahren beantworten oder so. Dazu sind wir noch nicht weit genug im Prozess, um das wirklich beurteilen zu können, was jetzt da schwerer ist. Man muss ja unterscheiden Ihr habt ja auch verschiedene Leute da, ihr habt die seniorigen Leute, die so sehr stark Seibert geprägt sind. Aber habt ihr auch ganz viele junge, auch Studienabgänger und neue im Unternehmen, die glaube ich auch sie sich manchmal wünschen, sagen, ich hätte gerne ein ganz kleines bisschen mehr Guidance und Struktur. Das ist ja nicht so, dass wir allen die Freiheiten wegnehmen. Es geht hier um natürlich sehr prägende Menschen fürs Unternehmen, die auch wichtig sind und die Leistung bringen. Ja, die tun sich vielleicht schwer damit, weil sie sich natürlich in diesem Fahrwasser bewegt haben und damit gut zurechtkommen.

 

Ralf Janssen:

Aber es geht ja auch um die neuen Menschen, die in den letzten anderthalb Jahren dazugekommen sind und die da noch dazu kommen sollen. Die brauchen vielleicht mehr Guidance, weil du kannst so eine Entstehungsgeschichte von Seibert, die kannst du ja nicht ständig wiederholen. Ja, es seid jetzt eine andere Firma, die vor 20 Jahren. Ja, aber trotzdem seid ihr natürlich im Entstehungspunkt geprägt worden. Für ein paar Jahre hat man sich immer weiterentwickelt, jetzt steht ihr an einer anderen Stelle und die Mitarbeiter, die jetzt kommen, sind andere Mitarbeiter möglicherweise als die, die vor 20 Jahren zu euch gekommen sind. Ja und die Führungs-Paradigmen haben sich ja auch geändert. Das geht halt nicht mehr so mit 20 Mann, wo man gestartet ist. Martin und du vielleicht da alles im Auge hatten oder so, sondern jetzt hat man irgendwie eine Struktur nötig.

 

Jo Seibert:

Ja, das ist ja eigentlich klar. Ich frage mich halt, ist das nicht so ein bisschen selbstverstärkend? Also wir haben ja eben schon gesagt, wir haben ja relativ viel freiheitsliebende Leute und wir rekruten die ja wahrscheinlich auch irgendwie gezielt, aber eigentlich bräuchten wir vielleicht andere Leute. Und ich erinnere mich da an einen Workshop vor, das ist schon drei, vier Jahre her, oder sowas. Da ging es eigentlich um Persönlichkeits-Modelle Modelle. Da haben wir eine Aufstellung gemacht in der größeren Workshop-Runde, so mit 20, 30 Leuten oder sowas. Und da ging es irgendwie ein bisschen darum, was so die primäre Denk-Präferenz ist. Und dann gab es irgendwie visionär und strategisch. Und da standen ein paar Leute und dann gab es so technisch orientiert, da standen auch ein paar Leute und analytisch so. Und dann gab es irgendwie empathisch, da standen schon ein bisschen weniger. Und dann gab es irgendwie so Organisieren und Prozess und so, und da stand, glaube ich, genau eine Person von diesen dreißig, die im Workshop waren.

 

Ralf Janssen:

Ist die noch da?

 

Jo Seibert:

Nein, die ist nicht mehr da. Genau das ist jetzt ein bisschen der Punkt. Also müssen wir doch auch irgendwie an dieser Erkenntnis mal arbeiten, dass uns da irgendwie eine Facette fehlt und wir vielleicht auch Leute rekruten müssen, die sich gezielt darum kümmern. Wir sind ja gerade so ein bisschen dabei, auch hier. ISO Zertifizierung ist ein Thema bei uns, darüber nachzudenken. ISO 27001, das ist ja auch ganz viel Prozesstreue und wir wollen jemanden einstellen und haben auch schon jemand eingestellt für Compliance und bei Compliance da stellen sich allen die Nackenhaare hoch. Was ist denn das für ein Thema...

 

Ralf Janssen:

Das passt gar nicht zu euch...

 

Jo Seibert:

 Nein, genau und tatsächlich den ersten, den wir da eingestellt haben, den haben wir auch schon wieder rausgeekelt. Der ist schon wieder nicht mehr da.

 

Alina Hamm:

Ja, und das ist glaube ich auch ein Feld, das sehr schwer ist, weil ich meine, überleg mal, du hast eben gesagt, es sind die meisten Charaktere bei uns sind andere, da musst du erst einmal irgendwie als einzelner Prozess-treuer Charakter gegen irgendwie x eher freiheitsliebende Visionäre...

 

Ralf Janssen:

Weil sie erscheinen euch ja sympathischer auf den ersten Blick und dann ist das sicherlich auch das Fachliche, das dann im Hintergrund schwebt. Es kommt dann schon ein bisschen zu kurz an der Stelle. Und ich hatte ja letztens mit einem anderen Modell, das auch versucht zu erklären, wo ich das ja auch schon bei euch beobachtet habe, mal drüber gesprochen, aber wir brauchen gar nicht so weit in die Modelle gehen. Jo, du hast gerade vor ein paar Minuten nämlich noch gesagt, so, na ja, wir müssen lernen, dass wir nicht mehr so unsere Befindlichkeiten, unsere Gefühle äußern und so weiter. Ja, in diesen Gesprächsrunden, so in etwa war das, also nicht ein zu eins, aber so in etwa war es so.

 

Ralf Janssen:

Genau und in anderen Organisationen sage ich, offenbar ich doch einfach mal, da trauen sie sich das nicht. Bei euch ist es genau umgekehrt. Ihr seid sehr emotional, ihr seid impulsiv, ihr seid sehr im Moment und so weiter, was total tolle Charaktere sind. Ich liebe diese Charaktere, deswegen arbeite ich auch so gerne mit euch. Aber es macht halt dann auch was mit der Organisation, weil das einfach dann dieses impulsive und emotionale natürlich auch dominiert. Und Leute, die sagen ich bin jetzt mal der kühle Rechner und Prozess und so weiter, die haben da auch keinen Bock mitzuarbeiten.

 

Alina Hamm:

Wobei ich hier gegenhalten würde. Ich glaube, viele Diskussionen sind dann schon eher sachlich orientiert. Also ja, ich glaube bei uns ist schon viel emotional, aber ich glaube, wir haben schon sehr viele strategisch denkende Köpfe. Ich würde mir an mancher Stelle manchmal etwas mehr Empathie wünschen.

 

Jo Seibert:

Ja klar. Es ist dann also, in dem Meeting zu sitzen und zu sagen. hmmm, mein Bauch sagt, das ist eine schlechte Idee, das zu tun. Das ist keine Aussage, die akzeptiert ist. Ja, dann sag doch mal ein Argument, weil wenn nicht, machen wir es trotzdem.

 

Ralf Janssen:

Ja, also ich würde sagen, empathisch und emotional und impulsiv sind ja auch noch unterschiedliche Sachen. Es ist alles emotional, und empathisch heißt, ich kann mich in andere hineinfühlen. Impulshaft heißt, ich bin bei mir selbst. Und aus dem Impuls heraus mache ich jetzt gerade mal etc. Und insofern glaube ich schon, dass eben genau dieses Thema, ihr habt auch ich hab da auch ein paar große Leistungsträger, auch bei euch in der Organisation, dass die aus ihrem Impuls heraus auch für Seibert und für den Erfolg und für sie einstehen, da ganz viele Hebel in Bewegung setzen etc.

 

Alina Hamm:

Aber dadurch, haben wir aber natürlich auch eine gewisse Abhängigkeit, gewisse Themen. Da brauchen wir Leute, die haben den Drive, die haben den Zug quasi dahinter und auch die Kapazität, weil es ist durchaus schon vorgekommen, dass Projekte einfach dann doch wieder eingeschlafen sind, weil keine Kapazität mehr da war oder weil halt eben dieser Drive-Gebende oder die Drive-Gebende nicht mehr da war.

 

Ralf Janssen:

Und was ich wichtig finde da an der Stelle, deswegen arbeite ich nämlich gerne mit dem anderen Modell, das nennt sich hier Glaubens-Polaritäten an der Stelle, dass man auch die Qualität des anderen wertschätzt. Also ich schätze so eine impulshafte emotionale Energie total wert. Ich habe die selber übrigens auch. Ich bin auch, wenn ich ein Projekt steuere bin ich auch voll dabei und so weiter. Ja und es gibt auch welche, die sagen wir brauchen Ordnung und Struktur und wir brauchen auch jemanden, der mal auf grundlegende Dinge, mal guckt und so weiter.

 

Ralf Janssen:

Und das Schöne und das Erfolgreiche in einer Organisation, in einem Team, ist, wenn man das gegenseitig wertschätzt und sagt, danke, dass du so emotional bist und danke, dass du hier für Ordnung, Struktur sorgst etc. Wenn es aber eben dann unbewusst zu Abwehrreaktionen führt, du hast gerade von wegekeln geredet und so weiter. Das kann ja auch unbewusst sein, das muss ja nicht boshaft geschehen, aber dann ist es ja unter Umständen so schön, weil dann  bekommt man ja nicht solchen, sage ich mal, so ein Mix, der sich gegenseitig wertschätzt. Das ist, glaube ich, das Wichtigste, dass man es lernt, sich wertzuschätzen und die anderen Grundmuster.

 

Alina Hamm:

Da spielt ja auch noch einmal rein, diejenige oder derjenige, der einfach für Ordnung sorgt und irgendwie die Struktur reinbringt, dokumentiert oder ähnliches. Die ist vielleicht auch gar nicht so präsent wie derjenige, der vorprescht, der irgendwie Fürbitten hält oder sonst was. Der diskutiert. Und ich glaube, da müssen wir halt hier und da noch feinfühliger werden und sagen, Hey, du bist aber auch wichtig und danke schön, dass du da gerade dokumentiert und Struktur reinbringst.

 

Jo Seibert:

Ja, das müssen wir üben. Willst du für den Wissensteil in dieser Episode, Ralf,  vielleicht noch mal ein paar Sätze über die Glaubens-Polaritäten erzählen. Was sich dahinter verbirgt.

 

Ralf Janssen:

Oh ja. Ich finde es immer schwer zu erklären, ein sehr komplexes Modell, aber wesentlich hast du gerade gesagt, es gibt so verschiedene grundsätzliche Persönlichkeitsanteile und hier nennt man das dann eben so Glaubens-Polarität. Also woran glaube ich grundsätzlich. Und da gibt es halt eben dann so eine Art Dreieck mit drei verschiedenen Polen und das eine Pol ist halt so das Thema Beziehung und Herz. Das sind so diese empathischen Leute, die impulsiven Leute, die kreativen Leute und so weiter. Die sind in diesem Modell mit rot beschrieben.

 

Ralf Janssen:

Alina macht gerade den Finger auf sich selbst. Sie ordnet sich in der Selbstreflexion dort ein. Ich habe das Kartenspiel auf dem Tisch liegen, da kann ich ihr nicht zeigen. Podcast. Aber für euch zumindest, habt ihr das mal. Wir machen das mal und du wirst dich wundern, dass du vielleicht noch bei anderen Anteil hast.

 

Alina Hamm:

Ich habe tatsächlich mal so ein Potential-Entfaltungstest bei meiner Mutter gemacht. Ich habe den Ordner hier, ich kann dir ja mal zeigen.

 

Ralf Janssen:

Bei der Mutter, das zählt nicht, die hatten nicht den richtigen Blick auf dich [lacht].

 

Alina Hamm:

Ja, doch nicht bei meiner Mutter, bei dem System was meine Mutter benutzt.

 

Ralf Janssen:

Okay. Aber jetzt zurück dazu. Also wir haben dieses Dreieck mit dem Herz und der Beziehung, also dass dieses Teil sorgt halt für Beziehung im Team und hält das Team zusammen und guckt, dass es allen gut geht etc. Und dann gibt es diesen Menschen, der das Thema Kopf und Erkenntnis hat. Das ist der Wissensträger, der weiß immer alles und der zieht sich in Gewissen-Themen tief rein und bringt halt Sachkompetenz rein und so weiter. Das ist das Gelb in diesem System.

 

Ralf Janssen:

Und dann gibt es halt eben das Thema Grün. Das ist so Ordnung und Struktur und Ethik und da sind ja die so, das haben immer gemacht. Und wenn es da zum Beispiel zum Streitfall kommt, ja zu irgendwas, dann sagt dann der Herz-Mensch, na ja, aber wir müssen doch auf den Menschen achten. Er sagt der Kopf-Mensch, aber das geht doch so irgendwie. Und dann sagt der ist Struktur-Mensch, aber es steht ja geschrieben, wir müssen eigentlich so machen.

 

Ralf Janssen:

Und wenn die alle auf ihren Positionen stehenbleiben, dann bewegt sich natürlich nix. Wenn man aber gegenseitig das anerkennt, dass das alles wichtig ist, um im Team sag ich mal gut zu entwickeln, dann sieht es schon anders aus.

 

Alina Hamm:

Wo würdest du dich da einordnen?

 

Ralf Janssen:

Ich habe einen hohen Anteil Gelb dabei gehabt und habe mich von Ordnung/Struktur wegbewegt in Richtung Rot/Empathie. Ich mache diesen Test jetzt, seitdem ich ihn kenne. Das ist 6/7 Jahre her, immer wieder regelmäßig, weil ich, wenn ich mit Kunden arbeite, in Präsenz Themen habe ich das häufiger gemacht, lasse ich mir selbst auch die Karten legen immer wieder und da kriege ich sehr oft Fremd-Feedback über diese Karten und es hat sich durchaus verändert auf meinem Entwicklungsweg der letzten Zeit.

 

Ralf Janssen:

Und der Witz ist, um da noch mal darauf zurückzukommen. Es ist ja gut, dass eigentlich alles ausgeprägt ist. Wir haben natürlich auch gewisse Master von allem von etwas, aber manche haben halt besondere Schwerpunkte. Und als ich angefangen habe am Anfang, hatte ich besonders viel Gelb, weil ich mich immer tief in Wissen eingefallen habe und hatte auch viel Grün und wenig Rot. Da habe ich einen Entwicklungsziel daraus abgeleitet. Ich würde gerne empathisch mehr Beziehung und so weiter entwickeln wollen. Und das hat sich auch irgendwie in meinem Leben hat sich das auch verändert in dem Feld und ich habe nur ganz selten mal so ein Test gemacht, wo junge Menschen sich die Karten quasi legen.

 

Ralf Janssen:

Da gibt es immer eine Eigen- und eine Fremd-Bewertung dazu und zu sagen alles ist gleich ausgeglichen. Wenn ich die aber getroffen habe, sind das meistens Extremleister gewesen, weil wenn du alles bespielen kannst ist super. Das Modell ist allerdings noch nicht zu Ende, weil wenn es nur die drei Pole hat, gibt es da noch eine Mitte etwas. Das nennt sich dann so ein bisschen Weisheit, das Verbindende. Das kann aber auch Humor sein oder so und das ist so während die einen Muster relativ festgefahren sind, ist dieses Mittlere, Verbindende oder Auflösen noch mal, um diese Muster aufzulösen.

 

Ralf Janssen:

Und um dann noch mal eine Facette zu zeigen, wir sind im Alltag, wenn wir gelassen sind und im guten Zustand sind, verfügen wir in der Regel auch über alle drei Muster. Aber wenn wir unter Stress geraten, haben wir meistens eins, wo wir in der Not darauf zurückgreifen. Der rote Mensch geht dann in Beziehung und rettet sich über die Beziehung. Der gelbe sagt dann, ich weiß es, aber ja. Und der Ordnungs-Mensch bezieht sich dann wieder auf seine Regeln.

 

Alina Hamm:

Jo, wie ist das bei dir?

 

Jo Seibert:

Ja, ich wollte gerade sagen, wir haben aber so ein anderes Modell gemacht und das, also die Auswertung dessen, hat ergeben, also ich würde sagen, in deinem Modell bin ich jetzt total gelb. Also bin schon ein eher visionärer oder auch von mir aus ja technischer und analytischer Typ. Aber in Stresssituationen gehe ich glaube ich eher so ein bisschen in, war es Grün, so organisieren, Prozesse und so. Also das, das merke ich, dass sich das ändert, je nach...

 

Ralf Janssen:

Ich will das jetzt nicht weiter vertiefen, weil es ist ja schade, wir sollten das mal machen...

 

Jo Seibert:

Ja, ja wir machen das mal beim nächsten Mal erzählen wir was rausgekommen ist.

 

Ralf Janssen:

Ja Fremd- und Eigenbild, würde ich sagen, das können wir mal abgleichen...

 

Jo Seibert:

Ja, das ist spannend. Ich bin gespannt. Okay, also wir berichten das nächste Mal dann drüber.

 

Ralf Janssen:

Wir müssen uns halt mal die Karten legen.

 

Jo Seibert:

Gut, aber vielleicht ist das ja auch ein Thema, wo wir, also wo wir vielleicht mal mit der Gemeinschaft, mit der Mitarbeiterschaft auch mal drauf gucken sollten, um gemeinsam eine Erkenntnis zu generieren. Ja, okay, da fehlen Leute. Ja, es fehlen Leute, die das Grüne mitbringen, die uns da irgendwie voranbringen.

 

Ralf Janssen:

Oder sie sind da und werden nicht erkannt. Das weiß man manchmal nicht.

 

Jo Seibert:

 Trauen sich nicht zu outen.

 

Ralf Janssen:

Ja, ja, genau. Aber da steckt ganz viel drin. Das ist ein sehr wertschätzender Prozess, den ich also bei jeder Teamentwicklung ist das für mich ein fast Must Have, weil ich das so wertschätzend finde, sich gegenseitig mal zu sagen, was ich an einem schätze in dem Fall, um rauszufinden, wie man wahrgenommen wird. Ich würde ja nicht sagen, wie jemand ist, der kann ja in einem anderen Kontext ganz anders sein. Das ist ganz wichtig bei solchen Modellen, dass das nicht solche Zuschreibungen bekommt. Der Mensch ist jetzt so und der kann sich nicht mehr verändern, so soll es nicht verstanden werden, sondern wie wird man wahrgenommen in dem Kontext, in dem man gerade tätig ist. Das ist mir nochmal wichtig an der Stelle zu sagen, weil sonst sind solche Methoden sehr oft manipulativ. Ein bisschen weg von der KF, aber trotzdem wichtig dafür finde ich ja. Alina.

 

Alina Hamm:

Das klingt nach einem spannenden Vorhaben.

 

Jo Seibert:

Na ja, wie gesagt, wir haben so was auch schon ein paar Mal gemacht. Ja, es ist nicht so, dass wir da komplett blank wären. Ich glaube schon, dass man immer wieder mal machen muss, sich das angucken...

 

Alina Hamm:

Ich meine, wir sind Menschen, wir verändern uns.

 

Ralf Janssen:

Genau. Also deine Historie, Programmierer zu sein, spricht schon sehr viel für Gelb. Also in der in der Szene treffe ich da ganz viele gelbe Leute an, um das mal so zu sagen. Aber du hast ja schon ein paar Jahre andere Sachen hinter dir jetzt mittlerweile.

 

Jo Seibert:

Mit den roten Sachen beschäftige ich mich auch, aber mit den grünen wenig.

 

Alina Hamm:

Laber-Runden.

 

Jo Seibert:

Gut, haben wir denn noch ein Thema, über das wir sprechen wollen?

 

Ralf Janssen:

Ich wollte gerade sagen, haben wir überhaupt aktiv aktuell, wir haben einerseits die, Zeit 42 Minuten ungefähr gesprochen. Andersherum, haben wir denn aktuell gesagt, was machen wir im Prozess? Also wir haben diesen Portfolio Kreis. Diese Wahlen haben wir gemacht, haben wir ganz kurz drüber gesprochen. Wollen wir da noch weiter drüber sprechen? Ich habe zumindest ein paar Mal so eine Wahrnehmung bekommen, dass es sehr wertschätzend wahrgenommen worden ist. Das fände ich jetzt nochmal wichtig, an der Stelle vielleicht irgendwie diese kollegiale Rollen, weil beim letzten Mal haben wir die erklärt und diesmal haben wir sie durchgeführt.

 

Jo Seibert:

Stimmt ja, genau.

 

Ralf Janssen:

Ja und da war dann noch so die Resonanz noch, wie ist sie wahrgenommen worden. Und da haben wir jetzt Rollen gewählt? Und es kamen doch auch unaufgeforderte Rückmeldungen von den Betroffenen, dass sie den Prozess sehr wertschätzend empfunden haben. Das fand ich jetzt wichtig nochmal vielleicht anzusprechen.

 

Jo Seibert:

Genau da geht es jetzt um eine andere Sache, nicht jetzt, was Alina vorhin gemeint hat mit der Wahl des Portfolio-Vertreters. Sondern es ging in der Technik, um Wahl von technischen Koordinatoren. Und das war insofern neu, weil es diese Rolle vorher nicht gab. Und das ist irgendwie auch eigentlich, ja das erste Mal, dass wir eine neue Rolle durch so ein Wahlverfahren besetzen.

 

Alina Hamm:

Und es war asynchron.

 

Jo Seibert:

Ja, ja, genau, also es war in allen Belangen ein Novum. Ja, und da hat Ralf uns ja erklärt, wie wir das am besten machen können. Und gerade in der ersten Runde die Begründung, warum jemand, der die Richtige ist, um diese Rolle einzunehmen, also gerade dieses Feedback, was da rauskam. Da haben sich die Leute am Ende auch noch mal bei uns gemeldet, haben gesagt, das fand ich wirklich gut, was die anderen da geschrieben haben, wie die mich sehen und so. Also das war so ein bisschen, ja positives Feedback eben für die Leute.

 

Alina Hamm:

Wobei man da ja auch sagen kann, es gab ja auch Feedback auf der anderen Seite, dass es vielleicht nicht so schön ist, Widerstände gegen einen zu hören.

 

Jo Seibert:

Genau, wir haben ja in der zweiten Runde dann quasi nach Widerständen für die Wahl gefragt und hatten uns dann auch dazu entschlossen, eigentlich das jetzt, wie gesagt, es war ja asynchron. Es war nicht synchron, die Ergebnisse so jetzt nicht komplett zu veröffentlichen, sondern einfach nur zu sagen, der ist es geworden. Und da gab es natürlich dann schon auch Rückfragen, wie ist denn das und war dann bei mir der Widerstand höher. Und wie sah das denn aus? Waren das Einzelne oder diese Rückfragen gab es dann schon. Und was hast du noch mal dazu gesagt, Ralf, ich habe es vergessen.

 

Alina Hamm:

Was sagten die KF dazu?

 

Ralf Janssen:

Also es hat einer nach seinem persönlichen Widerstandswert gefragt und da habe ich gesagt, es macht doch keinen Sinn ihn zu veröffentlichen, weil es geht ja um die Unterschiedsbildung. Ja und wenn man da einmal anfängt irgendwelche Zahlen zu veröffentlichen, die das sich gegenseitig vergleichen und so weiter, dann warum haben wir die geheime Wahl gemacht? Macht es ja keinen Sinn. Da kann man eine öffentliche machen. Und wir haben eine geheime Wahl gemacht, damit eben keine Verletzungen auftreten. Und das zweite ist natürlich auch, wenn ich mal in meiner Wahl nicht bestätigt worden bin, dann ist das natürlich vielleicht eine unangenehme Situation, die man auch mal aushalten muss, weil das ja die Frage, in der Selbstorganisation soll ja das System bestimmen, wer der beste Mann ist für eine Rolle und nicht derjenige, der am stärksten auftritt.

 

Ralf Janssen:

Das ist ja irgendwie auch eine der Veränderungen...

 

Jo Seibert:

Oder die beste Frau, lieber Ralf...

 

Ralf Janssen:

Oder die beste Frau, auch das, genau. Ja, Gendersprechen übe ich jetzt gerade noch, bin noch nicht ganz so lange dabei.

 

Jo Seibert:

Aber wenn ich jetzt noch mal kurz nachfragen darf Alina, jetzt ging das ja hier um diese technische Koordinatoren Rolle, die neu war. Und eigentlich haben wir ja für die Portfolio Vertreter Wahl auch so was uns überlegt. Kamen da denn auch Begründungen? Warum ist der Kollege denn, wo wir sie alle auch schon wussten, dass es wahrscheinlich werden wird, werden soll?

 

Alina Hamm:

Ja natürlich. Also wir haben die erste Runde ganz normal durchgespielt und da kam auch viel wertschätzendes Feedback. Es wurde auch gesagt, dass es dann mitunter auch ein bisschen komisch sein kann, so viel Positives zu hören. Und die zweite Runde haben wir dann nicht mehr gemacht, weil eigentlich in der ersten Runde nur für eine Person Fürbitten oder positive Begründungen genannt wurden...

 

Ralf Janssen:

Fürsprache ist es in der Kollegialen Führung, Fürbitte ist in der Kirche...

 

Alina Hamm:

[Lacht] Ich lerne auch noch hier von euch.

 

Jo Seibert:

Ich wolle gerade sagen, deinen Glaubens-Polaritäten..., wir haben sehr viel Kirchliches heute.

 

Ralf Janssen:

Aber in dem Team ist, was sie alle Fürsprachen für eine Person gekommen. Da braucht man wirklich keine zweite Rolle.

 

Jo Seibert:

Aber wie ging es der Person? Hat die was gesagt am Ende, oder..

 

Alina Hamm:

Also sie hat sich natürlich gefreut. Ist klar, es ist auch schön, dann so viel Positives zu hören, aber es ist schon auch ein bisschen seltsam. Also klar, wenn man das nicht unbedingt gewohnt ist im Arbeitsalltag, muss man sich mit so einem Batzen an positiver Resonanz ja auch erst mal, da muss man erst mal mit umgehen können.

 

Ralf Janssen:

Hast du eine Hypothese, warum nur eine Frau nur gewählt wurde? Warum es keine Alternative gab, noch nicht mal eine einzige Fürsprache für jemand anders?

 

Alina Hamm:

Es war ein Mann. Das fällt mir jetzt schwer. Da würde ich mir jetzt keine Einschätzung erlauben, weil ich dafür zu wenig an dem Team dran bin.

 

Jo Seibert:

Ja, wir machen ja auch schon nicht alles falsch und wir haben ja ganz viele, Alina, du hast vorhin auch Service Owner gesagt, die Rolle, die haben wir gar nicht erklärt im übrigen hier im Podcast. Das ist ja unser Analog eigentlich zum Product Owner aus dem Scrum. Aber für ein internes Dienstleistungsteam, dann...

 

Alina Hamm:

Kann ich auch einmal in den Shownotes erklären.

 

Jo Seibert:

Ja genau. Und der Kollege, der es dann am Ende geworden ist, den haben wir ja auch vorher schon Solution Owner genannt. Man würde wahrscheinlich im klassischen würde man eher Produktmanager sagen oder so was. Ja, Produkt Verantwortlicher. Und der kennt das Produkt natürlich schon allein durch diese Rolle am besten. Und dass er dann derjenige ist, der auch diesen Bereich im Portfolio Meeting vertritt, ist einfach offensichtlich. In diesem Fall also, weil er halt auch einfach den besten Blick auf dieses Produkt hat.

 

Jo Seibert:

Und insofern überrascht mich das jetzt auch nicht. Aber ich finde ja, trotzdem kann ich der Sache ja was abgewinnen. Es ist ja auch was anderes, als zu sagen, ja, du bist es, weil es ist ja offensichtlich und dann musst du es halt auch machen. Oder weiß ich nicht, 15 positive Fürsprachen zu hören von lauter Kolleg*innen, die dann sagen, warum ich das doch unbedingt machen muss, warum ich die richtige Person dafür bin, um dann am Ende zu sagen, ja, dann mache ich es natürlich sehr gerne, wenn ihr mir dieses Vertrauen schenkt. Also ich weiß jetzt nicht, wie du es erlebt hast, Alina, aber das erscheint mir irgendwie ein anderes Nominierungsverfahren, als einfach zu sagen, ah ja, klar macht er das.

 

Alina Hamm:

Es ist einfach wertschätzender. Ganz klar.

 

Jo Seibert:

Genau.

 

Ralf Janssen:

Und das finde ich, dass das das Charmante an diesen ganzen Methoden das ist einfach wertschätzende Verfahren sind, die die Menschen empowern bestärkt in ihrem Tun und was im Alltag oftmals untergeht. Denn wir haben ja hier keine Führungskraft, die dann so wie es mal ist, eine gute Führungskraft dann macht,  ich lobe dann halt mal meine Untergebenen oder so. Die gibt es ja hier auch nicht. Also wie organisiert man sich eigentlich Motivation und Lob und Feedback in der Selbstorganisation. Und wenn wir über Feedback gesprochen haben, haben wir meistens über Feedback gesprochen, wenn es was zu korrigieren gibt oder so, was ja auch Feedback mäßig schon wieder schwierig ist.

 

Ralf Janssen:

Es ist eher ein Beurteilungsgespräch anstatt ein Feedback Gespräch. Und das finde ich halt auch mal spannend. Wie wird denn überhaupt so etwas in der Selbstorganisation praktiziert? Und in der kollegialen Führung geschieht es oftmals durch Rollenwahlen und durch die Modelle, die da angewendet werden mit diesem Glaubens-Polaritäten, etc., was ich angesprochen hatte.

 

Alina Hamm:

Und ich glaube, das ist etwas, was uns auch wirklich helfen kann, weil wir haben einen netten Umgang miteinander, auf jeden Fall aber wirklich irgendwie dieses beruflich Rollen- wie auch immer bezogene Feedback, ob positiv oder negativ, das kann auf jeden Fall noch mehr Stellenwert bei uns bekommen meiner Meinung nach.

 

Jo Seibert:

Wo du gerade Rollen sagt, das war ja auch gerade jetzt ein Thema, da haben wir im letzten gemeinsamen Sync mal darüber gesprochen. Rollen, welche Rolle haben denn Rollen bei Seibert Media? Das wird auch noch ein Thema sein, was uns lange denke ich beschäftigen wird, wo wir gerade erst einsteigen. Aber das wird dann glaube ich auch in der nächsten Folge oder in der übernächsten vielleicht irgendwie Platz finden müssen. Aber wir haben jetzt auch schon wieder 50 Minuten gebabbelt.

 

Alina Hamm:

Man kann einfach gut mit euch reden.

 

Jo Seibert:

Ja, ging da schnell rum, oder? Alina, wie war das erste Mal?

 

Alina Hamm:

Ich war wenig aufgeregt, es ging, am Anfang ein bisschen und dann wird es immer weniger.

 

Jo Seibert:

An der Stelle können wir auch verraten, dass wir es als zweiten Take machen, weil es beim ersten dann irgendwie technische Probleme gab und wir alles abbrechen mussten. Aber so ist das halt manchmal.

 

Alina Hamm:

Das ist Realität.

 

Jo Seibert:

Ja, genau. Ja, Ralf. Last famous words, so!

 

Ralf Janssen:

Last famous words, ja, wir haben auf unserer Agenda noch einen Punkt noch nicht besprochen, deswegen spoiler ich da gerade mal! Nächstes Mal werden wir mal Weg von und Hin zu reden. Wir haben nämlich nach längerer Zeit doch mal irgendwie Zeit gefunden, dieses konkrete Veränderungsbedürfnis im Sinne von Weg von Hin zu Thesen herauszuarbeiten. Das fand ich ein total spannender Prozess und ich bin mal gespannt, wie die Organisation damit umgeht. Und da werden wir sicherlich nicht einmal drüber sprechen.

 

Jo Seibert:

Ist ja auch gerade so in the making. Also wir sind ja gerade frisch dabei, formulieren noch, wollen einen Workshop dazu machen und so. Also da werden wir uns nächstes Mal darüber berichten. Kommt auf die Agenda. Ja, vielen Dank ihr zwei. Das hat mir Spaß gemacht.

 

Alina Hamm:

Mir auch. Bis zum nächsten Mal!

 

Jo Seibert:

Bis bald. Auf die nächste gemeinsame Session. Bis dann!

 


Echt jetzt. Seibert Media denkt Agilität neu.

Vielen Dank fürs Zuhören. Wir hoffen, wir konnten euch inspirieren und freuen uns sehr über Feedback und eure eigenen Erfahrungen. Schreibt uns an echtjetzt@seibert-media.net. Mehr über Seibert Media erfahrt ihr auch in unserem Podcast Kick Ass Software Rock'n Roll Teams. Also bis zum nächsten Mal.

 

 

Blogpost

Sind wir eigentlich zu agil? Oder warum es Prozesse bei uns schwer haben.

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Diese Seite wurde zuletzt am 19.04.2024 geändert.