Echt jetzt? – Seibert Media denkt Agilität ne‪u

Episode 1: Erste Schritte ‘zur neuen Ordnung’

6. April 2021, 59 Minuten

In dieser Episode sprechen wir über die ersten Schritte, die wir gemeinsam mit den Gesellschaftern von //SEIBERT/MEDIA gegangen sind, um die Grundlagen für die kollegiale Kreisorganisation des Unternehmens festzulegen. Wir beschreiben den gemeinsamen Lösungsansatz und diskutieren die nächsten Schritte. Wer bis ganz zum Ende hört, bekommt auch Insights zur Motivation mit...

Transkription des Podcasts

Hier findet sich eine Abschrift dieser Podcastepisode.

Echt jetzt? Seibert Media denkt Agilität neu.

Seibert Media auf dem Weg zu einer kollegialen Netzwerk Organisation. Sarah Boost und Jo Seibert berichten von ihren Erlebnissen. Begleitet von Ralf Janssen als externer Berater und Experte für kollegiale Führung. Ehrliche und ungeschönte Gespräche über Menschen, Veränderungen im Unternehmen sowie agilen Mythen, dem wir selbst eine Zeit lang auf den Leim gegangen sind.

 

Ralf Janssen:

Herzlich willkommen zur ersten Folge von Echt jetzt?

Seibert Media denkt Agilität neu. Wir, das sind Sarah, Jo und Ralf. Unser Anliegen ist es, mit diesem Podcast über den OE Prozess bei Seibert Media zeitnah und regelmäßig und authentisch zu berichten. Was ist denn bisher passiert? Wir hatten die Folge Null und in der Folge Null hatten wir uns vorgestellt, haben ein bisschen darüber erzählt, wie es überhaupt zu diesem Prozess gekommen ist. Und wir haben schon darüber erzählt, dass der erste Auftakt in diesem Prozess eine große Versammlung war, mit allen Gesellschaftern, Geschäftsführern, aber auch wesentlichen Mitarbeitern des Unternehmens, die sich bisher auch schon mit diesen Themen OE und Strategie etc. beschäftigt haben.

Und zunächst war die Maßgabe, mit diesen Leuten fangen wir dann an zu arbeiten. Und dann hat sich doch in diesem großen Workshop ein Spannungsfeld auch zwischen den Gesellschaftern herausgestellt. Darüber haben wir letztes Mal schon so ein bisschen berichtet und da heraus rausgekommen ist eigentlich als nächster Schritt, dass die Gesellschafter sich mal zusammensetzen müssen und einmal irgendwie reden, was da los ist für sie. Und deswegen meine Frage direkt an Jo, was ist da jetzt los gewesen? Wieso war denn da auf einmal die Abkehr von den Gewohnheiten, alles sofort mit den Mitarbeitern zu teilen?

 

Jo Seibert:

Ja. Ich könnte ja antworten mit Echt jetzt? Nochmal von ganz vorne anfangen? Ich war ja selbst auch überrascht und hätte das auch irgendwie so nicht erwartet, dass wir da irgendwie diese Schleife nochmal drehen müssen. Als du eben ganz am Anfang sagtest, ich hab das das letzte Mal schon erzählt, ihr müsst oder wir wollen nur mit der Geschäftsführung oder den Gesellschaftern anfangen. Das ist der richtige Weg. Wo ich dachte, das brauchen wir nicht. Wir sind eigentlich selbstorganisiert, geben alle Dinge schon ab. Also es hat sich dann schon herausgestellt, dass formell das vielleicht so war bisher, dass wir als Geschäftsführung wenig getan haben, aber informell doch auch irgendwie noch Einfluss hatten. Und wenn es jetzt darum geht, diesen eben auch wirklich formell dann mal zu definieren, dass man ihn nicht mehr hat, dass man dann doch schon noch an der einen oder anderen Stelle, was ist nicht so leicht fällt, loszulassen.

 

Ralf Janssen:

Ja, da waren ja auch so unterschiedliche Bedürfnisse mit verbunden, auch von den Gesellschaftern und auch ein unterschiedliches  Bild da drauf. Was waren denn so die wesentlichen Themen, die da in der Gesellschafter Runde zu klären waren?

 

Jo Seibert:

Ja, ich würde sagen, also in der Gesellschafter Runde, geht es eher darum, dass in der Vergangenheit der Begriff Gesellschafter/Geschäftsführung unterschiedlich und sehr austauschbar benutzt wurde. Und wenn Mitarbeiter darüber gesprochen haben, dann haben sie mal das eine und mal das andere verwendet. Und eigentlich war auch nicht klar, gibt es einen Unterschied? Und wenn ja, welchen? Weil das ähnliche Personen sind.

 

Es ist tatsächlich so, dass von den sechs Gesellschaftern, die wir haben, lass mich kurz überlegen, fünf mindestens einmal Prokura haben. Der Martin und ich sind auch Geschäftsführer. Und insofern war halt irgendwie Geschäftsführung/Gesellschafter oft deckungsgleich, auch wenn es eigentlich ganz andere Rollen sein sollten und wir auch selbst schon auch immer darüber nachgedacht haben, welche Rolle haben wir denn als Gesellschafter, die vielleicht doch irgendwie eher nicht so sehr ins Operative eingreifen sollten. Und wenn ich als Personalunion dann auch noch Geschäftsführer bin, macht das es eben nicht ganz einfach, diese Rollen irgendwie so klar für mich zu trennen und zu überlegen, was bin ich in welchem Moment.

 

Sarah Boost:

Ich würde noch ergänzen, wir haben ein, ja im klassischen Unternehmen würde man es Imagefilm nennen. Und da habe ich immer den Text von dir Jo im Ohr, wo du sagst, ja, wir haben bei uns eigentlich keine Hierarchien, wir haben nur Martin und mich als formelle Geschäftsführer auf dem Papier. Aber wir sehen natürlich schon bei uns auch in der Praxis, dass sich da informelle Hierarchien herausbilden. Und das auch einmal tatsächlich explizit zu machen, ist ja schon ein Thema, was uns beschäftigt.

 

Jo Seibert:

Ja das ist ja auch einer der großen Beweggründe hinter der ganzen Aktion jetzt, zu sagen okay, wir brauchen irgendwie Handlungssicherheit. Lass uns mal transparent sichtbar machen, wer wo was entscheidet.

 

Ralf Janssen:

Also ich habe noch in beiden ersten großen Workshops so zwei Statements mitgeschnitten, die ich finde sehr wesentlich waren für mich, markant waren. Nämlich einmal, ich beziehe meine Position im Unternehmen ja aus der Rolle des Gesellschafters, ja, meine Legitimation. Das war das eine und das andere war, ich möchte ja auch Einfluss auf das Unternehmen ausüben können, ohne in jedem Kreis mitwirken zu müssen. Das sind so Stellungnahmen, die wir gehört haben von Gesellschaftern, wo ich mich natürlich gefragt habe, ja, wie funktioniert es denn jetzt aktuell gerade bei euch? Also ohne die neuen Regelungen. Wie gelingt euch denn, Strategie oder größere Themen zu bewegen? Machen das denn dann Mitarbeiter auch ohne Anwesenheit von Geschäftsführung oder wie ist das jetzt im Moment bei euch gewesen?

 

Sarah Boost:

Ich würde schon sagen, dass das durchaus passiert. Also ist es schon so, dass strategische Aufgaben von Mitarbeitenden angenommen werden. Aber ich würde sagen, nicht so konsequent. Also dass das auf oberster Ebene fürs Gesamtunternehmen gedacht wird und dann beispielsweise sauber runter kaskadiert. Also das passiert an bestimmten Stellen, aber nicht ganzheitlich. Und das fehlt glaube ich aktuell.

 

Jo Seibert:

Ja, das ist schon so. Auch, dass ich an mir selbst beobachte, wenn ich das Gefühl habe, jetzt über wichtige Dinge, was auch immer das heißt, nachzudenken und irgendwie einen Lösungsansatz validieren möchte, dass ich dann eben, zu jemandem gehe. Also zum Beispiel dem Sepp und dem Martin, weil mir wichtig ist, deren Meinung zu haben. Warum tue ich das? Naja, es sind halt zwei Personen, die lange bei uns im Unternehmen sind. Die haben halt eine Meinung dazu und es ist wichtig, diese abzuholen. Aber wie gesagt, es ist jetzt nicht klar geregelt, wann man das machen müsste und wann nicht.

 

Ralf Janssen:

Und gab es denn in der Vergangenheit so eine Art Bottom Up Prozess, wo Mitarbeiter eine Idee verfolgten, die dann im Nachhinein erst von Gesellschaftern wahrgenommen worden ist und die eine andere Einschätzung hatten und deswegen irgendwie so ein Zurückrudern erforderlich geworden ist, oder konnte man schon ganz gut damit leben mit solchen Situationen?

 

Sarah Boost:

Mir fallen da schon ein paar Beispiele ein, wo es so ähnlich lief und das auch nicht so gut ausgegangen ist. Ich glaube Ralf, du hattest letztes Mal auch schon diese Situation beschrieben. Also mach selbst, aber nicht so, also dass dann die Geschäftsführung oder die Gesellschafter von oben irgendwie nochmal kommen und sagen, ist ja schön, was ihr euch überlegt habt. Ich will es aber jetzt doch anders haben. Wir hatten mal ein Team. Ich weiß gar nicht mehr genau, wie es hieß. Das war ein neues Produkt und da hat das Team relativ lange daran gearbeitet und hatte das dann auch vorgestellt. Der Martin, glaube ich, war das. Und Martin, ich weiß nicht mehr genau, welche Worte er gewählt hat, hat dann gesagt, aber das ist doch alles Scheiße, das machen wir so nicht. Und das Team war dann total frustriert, hat sich zurückgezogen, hat gesagt, ja gut, dann machen wir das jetzt nicht mehr. Also, das passiert schon durchaus, würde ich sagen.

 

Ralf Janssen:

Und wenn das einmal passiert ist, ist es ja vielleicht nicht so dramatisch. Aber wenn das natürlich regelmäßig vorkommt, dann hat das natürlich Auswirkungen auf die Motivation, eben sich neue Dinge einfallen zu lassen. Da ist die Frage halt eben, ist das einer der Punkte, die euch auf die Füße gefallen sind, dass es deswegen in den Prozess reinkommt und dass es damit gar nichts zu tun?

 

Sarah Boost:

Ich würde schon sagen, dass es was damit zu tun hat. Es funktioniert häufig auch gut. Also das muss man auch sagen. Und es gibt eben auch Fälle, wo sowas passiert und das zu Demotivation führt. Und gleichzeitig haben wir auch Fälle, da passiert es und da ist es irgendwie auch gut. Also ganz häufig sind auch die Einwände, die kommen, begründet. Sie kommen halt vielleicht zu spät. Also dann werden wichtige Leute einfach zu spät in den Prozess einbezogen, weil wir aktuell keinen Prozess haben. Und da das irgendwie sauber aufzusetzen, also die wichtigen Leute an der richtigen Stelle abzuholen und Einwände einzuholen, das ist etwas, was wir brauchen, gerade jetzt, wo wir so stark wachsen.

 

Jo Seibert:

Das wären wahrscheinlich auch meine Beispiele, die ich nennen würde. Also immer dann, wenn diese Konsultation eben gut war.. Also wenn man sich viel Mühe gemacht hat, so einen Vorschlag mit im Zweifel viel zu vielen Leuten zu besprechen, weil man eben vielleicht nicht genau wusste, wer die wichtigen und relevanten sind, dann ist dieses Ergebnis aber dann am Ende durchaus einvernehmlich und gut gewesen. Immer dann, wenn eben auf diese Konsultationen nicht so sehr Augenmerk gelegt wurde, dann gab es manchmal auch sehr resolute Rückfragen. Vielleicht die durchaus auch, wie die Sarah schon sagt, berechtigt sind. Dann ist das natürlich echt ein Problem, weil man dann sagt, wie, ich soll jetzt nochmal von vorne anfangen? Ja, wahrscheinlich weil du verpasst hast, entsprechend dir diese Rückfrage vorher zu holen, oder die Antwort auf diese Frage zu besorgen, quasi. Das ist so das, was ich feststelle. 

Und da ist natürlich trotzdem auch die Frage, ob das dann zukünftig irgendwie anders ist, diese Situation. Nur, weil man irgendwelche formellen Prozesse und Kreise beschlossen hat. Wir haben ja so einen Portfolio Kreis. Und es gibt jetzt schon die Tendenz, dass wir relativ viele der Themen, also was so Investitionen angeht, wollen wir das machen, wollen wir das nicht machen, wie viel wollen wir denn investieren, dass da schon dann auch immer der Ruf da ist, ja, das das muss aber über den Portfolio Kreis laufen. Und ob du die neue Stelle ausschreiben darfst, das muss auch über den Portfolio Kreis. Also es ist schon so, die Leute gewöhnen sich daran, dass es irgendwie eine Plattform gibt. Und das ist natürlich ein Indikator, finde ich, dafür, dass wir uns das zu Nutze machen sollten und daran arbeiten sollten. Und vielleicht auch, weil wir eben auch schon merken, es gibt momentan nur diese eine Plattform und da landet ziemlich viel drin. Was dann auch dazu führt, dass dieses Meeting, momentan machen wir das monatlich, naja, so zweieinhalb Stunden ,und das langt dann oft auch nicht, lang ist ja. 

Und dass du dann auch merkst, naja, also ein Teil ist nicht immer gleich involviert. Ein Teil ist am Anfang, wenn wir über Personal Themen reden interessiert und der andere Teil am Ende bei den Investitionsthemen. Ist das denn so richtig, dass wir das alles in einem Pott zusammen haben? Aber wie gesagt, wir haben momentan nichts anderes. Und ich würde sagen, es tut uns auch schon gut, dass wir da so etwas aben.

 

Ralf Janssen:

Und in dieser Gesellschafterversammlung ging es ja einerseits um dieses Thema, also die Grundhaltung, wie ist denn unsere Rolle als Gesellschafter und Geschäftsführer. Und an der Stelle würde ich halt eben auch den Blick nochmal der kollegialen Führung einbringen. Wenn man so ein bisschen Manufaktur-mäßig denkt oder so Pionier-Unternehmen denkt. Also ein kleines Unternehmen, ein paar Geschäftsführer, die dann eine Gruppe von Menschen um sich herum schart oder organisiert, aber noch alles gut im Blick halten kann. Ja, da ist es ja so, dass die Personen- und Rollen-Identität und die Führung durch die Person geschieht. Und wir in der kollegialen Führung sagen, wenn wir eine Agilität haben wollen, die selbstorganisiert ist, dann wollen wir halt eben eine Führungs- und Produktionsarbeit, die an Meta Prozesse und Strukturen gebunden ist. Das heißt also nicht immer, eine Person ist immer diejenige, die dann entscheidet. Sondern eben über bestimmte Prozesse und Strukturen wird sichergestellt, dass eben die richtigen Leute immer dann zu Entscheidungen herbeigerufen werden. Und deswegen führt es natürlich dazu, dass man als Unternehmer, also als Gesellschafter und Geschäftsführer, in unterschiedlichen Rollen unterwegs ist. Im Gesellschafterkreis bin ich Gesellschafter, im Geschäftsführer Kreis bin ich Geschäftsführer. In irgendeinem operativen Kreis arbeite ich mit, bin aber eben da kein Geschäftsführer. Und dann bin ich natürlich in diesem strategischen oder Koordinationskreisen oder welche Kreise auch  immer ins Leben gerufen werden, natürlich dann in meiner Rolle in diesem jeweiligen Kreis zuständig.

 

Und das ist natürlich ein Rollenwechsel, der auch geübt werden muss. Und das ist so ein bisschen der Blick und die Herausforderung jetzt an der Stelle, den ich aus einer kollegialen Führung so geben kann, dass das der Weg ist, weil das quasi die Sicherheit bringt, dass getroffene Entscheidungen eben nicht overruled werden müssen. Weil das auf Dauer natürlich dann schwierig ist für die Motivation zur Selbstorganisation. Wir werden in den Show Notes dazu auch eine kleine Grafik anhängen.

 

Jo Seibert:

Ich würde sagen, das ist auch was ich beobachte, dass es uns schon helfen würde, diese Rollentrennung klarzumachen. Ich bin ja auch, ich würde meine Rolle als Agile Coach bezeichnen. Und wenn ich in der Rolle der Agile Coaches oder des Agile Coaches in der Agile Coach Runde, wenn wir da über irgendwelche Dinge diskutieren, in der Runde klappt es eigentlich, finde ich, recht gut, dann habe ich genau die gleiche Stimme, wie jeder andere Agile Coach. Und wenn ich sage, finde ich aber doof, dann sorgt das nicht dafür, dass die Gruppe es deswegen nicht macht oder sowas. Also da klappt es ganz gut auf Augenhöhe. 

Ich würde sagen, in vielen anderen Runden klappt das nicht so sehr, wenn ich da reinkomme, ob ich will oder nicht. Dann denken sie, wenn der Jo sagt doof, dann machen was nicht, weil der ist ja Geschäftsführer. Und das eben klarzumachen, in welcher Runde ich welche Entscheidungsmacht, sage ich mal, habe. Ja dass wir z.B. in der Portfolio Runde, sage ich jetzt einfach mal, sagen, hier, dass irgendwie Entscheidungen gemeinsam im Konsent beschlossen werden. Dann ist auch klar, ich habe genau die gleiche Stimmgewalt wie jeder andere, der hier in dieser Runde sitzt.

 

Ralf Janssen:

Aber ich denke, das ist halt relativ neu, weil man das einfach nicht gewohnt ist. Die Frage ist schon für euch, gelingt das so, die alten Muster abzustreifen? Wie kommt man denn dahin? Also wir hatten vorhin so im Vorgespräch auch kurz darüber gesprochen. Was macht man denn da dann? Wie kann man damit umgehen? Und Sarah, da war ja dann dein Einwand, wie hast du es formuliert, wie hast du es ist nochmal genannt?

 

Sarah Boost:

Ich weiß gar nicht mehr genau. Aber wie schafft man es quasi, dass die das zukünftig dann nicht mehr machen? Oder wie sie es bewusst kriegen, dass sie sich eben sich nicht an diese Muster halten oder bzw. in ihre alten Muster fallen?

 

Ralf Janssen:

Genau. Und da kam ich mit einem wichtigen Hinweis, den ich für die Hörer, die sich selbst auf den Weg machen wollen, wichtig ist, finde ist. Man kann halt dieses Thema schnell erklären, schnell verstehen, weil wir sind ja alle kluge Köpfe sind und die Geschäftsführung versteht natürlich sofort das Konzept. Das muss man nicht lange erklären, aber es wirklich zu verinnerlichen, was es für einen persönlich bedeutet, das erlebt man natürlich dann erst, wenn man es tut. Und dann kann man möglicherweise auch in alte Muster zurückfallen. Und dann brauchen wir natürlich die Reflexion, gegenseitiges Feedback zu geben, was auch immer wir für Ideen dazu haben können. Aber eben die Menschen dann in eine Reflektion zu bringen, im Sinne von Aha, handle ich jetzt aus meinem alten gewohnten Muster heraus? Oder ist das eben jetzt richtig oder nicht richtig so? Das geht über die Selbstreflexion und Erfahrung und nicht übers Erklären und Trainieren. Das ist bei uns halt auch in der kollegialen Führung so und hat einen hohen Wert.

 

Sarah Boost:

Ja, man muss natürlich auch sagen, dass von diesen Personen, die auch im Gesellschafterkreis sitzen, drei davon schon auch durchaus dominante Charaktere sind.

 

Jo Seibert:

Ich weiß gar nicht, wen du meinst...[lacht]

 

Sarah Boost:

Das spielt da schon auch mit rein, würde ich sagen. Aber meine Hoffnung wäre schon, dass man durch diese formelleren Strukturen sich da eher darauf beziehen kann. Also im Moment ist es so, der Geschäftsführer hat gesprochen, der darf ja alles. Und wenn das formeller ist, dass man eher sagen kann, nein, hier bestimmen wir oder entscheiden in einem ganz anderen Format miteinander. Oder hier hast du gar nichts zu suchen, da fällt es vielleicht leichter, das zu sagen, als wenn man da gar kein Rahmenwerk hat, an dem man sich orientieren kann.

 

Jo Seibert:

Ich würde das Ganze sogar auch noch von einer anderen Seite beleuchten, nämlich vonseiten der Mitarbeitenden und kann da gerne etwas erzählen. Also passenderweise haben wir heute unsere neue Ausgabe unseres Formats "Hart aber Flur" gehabt, wo ich auch dabei war. Und da war das Thema eigentlich genau das. Mitbestimmung, müssen alle oder dürfen alle immer irgendwie bei allem mitentscheiden, das ist so ein bisschen die Fragestellung. Und da haben wir darüber diskutiert und auch über demokratische Prozesse usw. Da ging es dann auch um die Frage, müssen bei allen Sachen immer alle mitentscheiden. Da sagte ein Kollege, naja, es gibt schon so wichtige Sachen, die so irgendwie an den Stamm des Unternehmens gehen. Da will ich auch gar nicht mitentscheiden. Das sollen die Gesellschafter machen. Und da hab ich ihn dann gefragt, ja, was meinst du denn? Was für eine Art von Entscheidungen meinst du denn, was hast du konkret im Kopf? Und da hat er gesagt, ja, das wüsste er jetzt auch nicht so genau, aber es gäbe da welche, z.B. vielleicht die Vision oder sowas. Und das ist, glaube ich auch von anderen Seite her noch spannend, dass mir selbst als Gesellschafter gar nicht klar ist, was andere von mir eigentlich erwarten. Ja, was ich einbringen soll, wo ich Dinge entscheiden soll. Ja, das ist also auch nicht wirklich geklärt, sage ich mal. 

Und das finde ich hier auch nochmal einen Grund, warum wir da nochmal hingehen sollten und sagen sollten, okay, wir versuchen mal die Aufgaben und Entscheidungsrechte und Pflichten der Gesellschafter sauber aufzuschreiben und damit zu arbeiten. Dann kann man ja vielleicht auch sagen, guck mal, lieber Kollege, du hast jetzt irgendetwas mit Vision gesagt, das steht bei den Gesellschaftern gar nicht drin.

Und dann haben wir zumindest eine Diskussionsgrundlage, wo wir dann sagen können, ist das eigentlich so richtig? Oder fehlt da was? Momentan ist das unklar und jeder Gesellschafter beantwortet es vielleicht doch ein bisschen anders.

 

Ralf Janssen:

Und möglicherweise jeder Mitarbeiter. Es gibt ja auch Mitarbeiter, die schon lange bei euch sind und sich natürlich die gegenseitigen Erwartungen eingespielt haben und sich eine Kultur heraus geprägt hat. Aber wenn ihr dann natürlich neue Mitarbeiter habt, die vielleicht sogar aus hierarchisch geprägten Unternehmen kommen, die wissen ja erstmal gar nicht so, wie funktioniert denn sowas bei euch. Aber jetzt ist das ja nicht nur so, sag ich mal, im Haltungsbereich der Unternehmen, der Gesellschafter, Geschäftsführer besprochen, sondern auf der Gesellschafterversammlung  sind ja auch konkrete Beschlüsse gefasst worden. Also was sind denn da so die konkreten Maßnahmen oder was wurde denn klar besprochen oder entschieden?

 

Jo Seibert:

Du meinst jetzt das Ergebnis der Versammlung, in der wir über kollegiale Führung und so weiter gesprochen haben. Ja gut. Also wie gesagt, im Detail. Also wir haben uns jetzt eigentlich erst einmal so auf eine grobe, ja, wie soll ich sagen, eine Struktur haben wir festgelegt. Im Detail zum Beispiel, was ich eben gesagt habe. Was die genauen Aufgaben, die die Gesellschafter haben sollen, die sind eigentlich auch noch in der Ausarbeitung. Das haben wir auch noch nicht so ganz klar und das muss dann auch in einem Gesellschaftertreffen nochmal validiert werden, ja. Das ist zum Beispiel auch noch ein offener Punkt. Zumindest haben wir mal, wie gesagt über eine Struktur gesprochen und haben gesagt, okay, also die Gesellschafter sind auch ein Kreis, der sich abstimmt, der aber irgendwie außerhalb des Unternehmens ist und die Aufgabe ist also jetzt auch so rein betriebswirtschaftlich gesehen. Die Gesellschafter setzen die Geschäftsführung ein. Und dann haben wir gesagt, das heißt jetzt bei uns nicht Geschäftsführung, sondern Top Kreis.

 

Und da setzen wir aktuell drei Leute von uns ein, die dann so eine Art Geschäftsführungsrolle übernehmen und von da aus, aber nicht jetzt eben klassisch zu sagen, die drei entscheiden alles, sondern die konkret den Auftrag kriegen. Und diesen Auftrag wollen wir tatsächlich auch dann mal wirklich schriftlich formulieren. Das ist nämlich momentan auch nicht festgelegt, dass Selbstorganisation eigentlich irgendwie ein Mittel der Wahl ist und dass wir das so als Organisationsform festschreiben wollen, dass die den Auftrag bekommen, sich zu überlegen, wo Geschäftsführungsaufgaben angesiedelt sein sollen. 

Und für die bestimmten Themenbereiche, nehmen wir mal das, was jetzt die Sarah und mich zum Beispiel auch betrifft, Organisationsentwicklung. Sich überlegen, wen können wir denn damit beauftragen? Und dann können wir sagen, okay, das ist die Sarah und Sarah, bilde mal einen Koordinationskreis. Überleg dir mal, was für Leute du dabei haben möchtest, die das Thema voranbringen und wo ihr gemeinsam Entscheidungen treffen könnt. Und an diesen Koordinationskreis übergeben wir jetzt die Aufgabe Organisationsentwicklung. Das heißt, der Top Kreis macht das nicht mehr, sondern hat nur dafür gesorgt, dass jemand da ist, der das macht.

 

Sarah Boost:

Ja, es gibt vielleicht noch ein paar andere Kreise, die wir uns überlegt haben. Da ist zum einen das Thema Strategie, also auch dafür, einen Koordinationskreis zu bilden. Genauso auch Personal, Finanzen und wir hatten auch den Bereich Geschäftsbetrieb überlegt. Für die würde das dann ähnlich funktionieren. Also wen können wir uns denn vorstellen, wer da initial so einen Kreis bildet und diese Aufgaben, die eigentlich inhärent bei der Geschäftsführung wären, dann zu übernehmen?

 

Jo Seibert:

Wobei, wenn ich da noch ergänzen darf, wir auch gesagt haben, dass wir ja jetzt nicht 25 verschiedene Koordinationskreise gründen wollen, wenn es da irgendwie gar kein Bedarf gibt. Also es muss eigentlich irgendwie entweder Bedarf geben oder auch schon was da sein. Und da haben wir so ein bisschen beobachtet, was so da ist und haben festgestellt, also gerade bei Personal, da gibt es schon eine Runde. Da gibt es schon Leute, die die sich regelmäßig treffen und sich irgendwie abstimmen und mit denen wir jetzt eigentlich mal zusammensitzen wollen und mit denen mal sprechen wollen. Sag mal, wie wär es denn, wenn ihr eure Runde so ein bisschen formeller definieren und euch mal Koordinationskreis Personal nennen würdet. Und ihr vielleicht noch ein bisschen eure Aufgaben klarer bekommt und vielleicht auch mal überlegt, wie ihr denn gemeinsam entscheidet?  Und das Gleiche gibt es bei bei Finanzen eigentlich auch.

 

Sarah Boost:

Ja. Das stimmt. Wir haben ja auch schon interne Dienstleistungs Kreise. Da haben wir ja auch schon beim Personal und Finanzen. Die sind aber eher für Operatives zuständig. Und wir haben gemerkt, dass Jo, wie du das gerade schon gesagt hast, dass es so informelle strategische Termine oder Zusammenschlüsse von Leuten gibt, auch zu dem Thema, beispielsweise Personal und das dann formeller zu machen. Ja, ganz genau.

 

Jo Seibert:

Und ein anderes Thema, was z.B., also für mich auch irgendwie offen ist, wo auch ein Leidensdruck irgendwie da ist, ist das Thema Strategie. Ja, wir haben z.b., ich glaube es ist jetzt anderthalb Jahre her, wo wir das letzte Mal Unternehmensziele versucht haben aufzuschreiben und seitdem ist nichts mehr passiert. Und wenn ich die heute lese, würde ich sagen das waren glaube ich fünf. Vielleicht ist eins noch irgendwie aktuell, aber die anderen sind eigentlich abgelöst durch andere Dinge.

 

Warum gibt es da eigentlich nichts Aktuelles oder wer sollte das denn tun? Und da würde man ja eben aus dem Klassischen heraus auch sagen, naja, irgendwie ist es doch eigentlich Geschäftsführungaufgabe, Unternehmensstrategie zu formulieren und auch mal den Mitarbeitenden irgendwie sichtbar zu machen, aufzuschreiben, darüber zu sprechen usw. Und das wäre jetzt eine nächste Aufgabe, dann dem Top Kreis zu sagen, hier lieber Top Kreis, die Unternehmensstrategie. Da gibt es aktuell eine Lücke und dann müssen wir uns als Top Kreis dann hinsetzen und sagen, okay, wer kann denn die Lücke schließen und bräuchten wir da vielleicht ein Koordinationskreis dafür. Da gibt es auch schon diesen Portfolio Kreis, der da irgendwie mit einwirkt. Da müssen wir wahrscheinlich mal diskutieren, wie wir das am besten lösen und das ist auch noch eine offene Aufgabe. Also es ist mir auch noch nicht so ganz klar, wie Portfolio und Unternehmensstrategie zusammenhängen und an OE hängt es ja auch irgendwie. Unternehmensstrategie ist ja auch so ein bisschen etwas Übergreifendes. Da haben wir noch Diskussionsbedarf, würde ich sagen.

 

Sarah Boost:

Vielleicht können wir auch nochmal kurz sagen, was Koordinationskreise in der kollegialen Führung sind. Also es geht ja nicht darum, dass wir das tatsächlich komplett Top-Down dann beschließen in diesen Koordinationskreisen, sondern bei uns wird ja schon sehr sehr viel dezentral und auch in, wir nennen es auch bisher eher Peripherie, also am Markt in den Teams direkt entschieden. Und wir merken aber auch, wenn jetzt jedes Team für sich eine eigene Strategie überlegt und die komplett autark fährt, dann zerbröselt wahrscheinlich unser Unternehmen und deswegen gibt es wieder einen Bedarf, bestimmte Sachen auch zu zentralisieren.

Also Leute aus den verschiedenen Bereichen da auch zu involvieren und gemeinsam zu gucken, welche Gesamtstrategie wollen wir denn gemeinsam fahren und die dann auch wieder entsprechend zurückzugeben. Aber vielleicht kann Ralf das sogar nochmal ein bisschen formulieren...

 

Ralf Janssen:

Ich bin sehr froh für deinen Beitrag, weil ich hatte schon auf den Lippen liegen. Sehen wir mal, was ist eigentlich der Unterschied? Nicht, weil wir die ersten fünf Minuten über das Thema geredet haben, habe ich schon so ein schönes Organigramm in meinen Augen. Ah, da gibt es jetzt die Gesellschafter, die haben einen Top Kreis, der Top Kreis macht dann Delegation, Finanzen, Personal, Strategie. Da denke ich, das macht jedes Unternehmen ja auch irgendwie die paar mehr Mitarbeiter haben. Also was ist da eigentlich der Unterschied? Und ich weiß, dass wir die Diskussion auch bei uns intern und mit Beteiligten geführt haben. Weil im ersten Blick sieht das so aus, als wenn man wieder von oben herunter designt und eigentlich sollte es aber nicht sein. 

Aber wie können wir den Unterschied beschreiben? Wie können wir das den Hörern nochmal besser verständlich machen? Wir haben ja gesagt, es gibt natürlich auch Koordinationskreise, die entstehen wirklich in der Peripherie, durch einen Bedarf einfach von Menschen, die sagen, wir haben ja einen Bedarf und wir schließen uns zusammen. Bei einem Produkt hatten wir das gehabt und da ist schon so etwas entstanden, dass für das Produkt irgendwie ein Koordinationskreis entstanden ist.

 

Und gleichzeitig haben wir aber diese Herausforderung gehabt, dass bestimmte unternehmerisch zentrale Aufgaben eben abgesichert werden müssen, dass sie auch geschehen wie Strategie. Aber was ist da der Unterschied? Wie soll das funktionieren? Dann ist das Thema Stichwort Kernkreis ja auch noch da und wir haben noch gar nicht darüber gesprochen. Wie geht das weiter? Also ich weiß, dass wir in der Vordiskussion eben dieses Thema hatten, wie kommen denn die Leute da zu ihren Rollen und wie kommen denn die Kreise ins Handeln? Und wer in welcher Reihenfolge gründet denn wen? Das war ja ein Riesen Thema bei uns.

 

Jo Seibert:

Also ich würde ich sagen, das sind wir auch mittendrin.  Also war...

 

Ralf Janssen:

Oder ist..

 

Jo Seibert:

Ja genau. Und auch der Kernkreis. Also die Idee ist dann zu sagen, okay, wenn wir jetzt Koordinationskreise haben für verschiedene Fachbereiche, also Finanzen, Personal, Organisationsentwicklung, Strategie, dann gibt es sicherlich Dinge, die irgendwie übergreifend koordiniert werden müssen. Wenn z.B. die Unternehmensstrategie sich überlegt, dass wir in drei Jahren 1.500 Mitarbeiter sein wollen, dann hat da sicherlich irgendwie Personal da mitzureden. Und Finanzen wahrscheinlich auch und OE eben auch, weil sie alle betroffen sind. Also müsste man sich über so Sachen ja austauschen. Und dazu haben wir gesagt, ist es dann wahrscheinlich sinnvoll so einen Kernkreis zu gründen, wo die verschiedenen Leute wieder zusammenkommen. Also dieser Kern ist dann nicht der Top Kreis. Das sind ja nicht die drei Geschäftsführer, sondern das sind dann Vertreter aus diesen Koordinationskreisen, die übergreifende Themen dort gemeinsam diskutieren.

 

Ralf Janssen:

Also, wie ich das verstanden habe, der Top Kreis delegiert die originären Geschäftsführungsaufgaben an bestimmte Koordinationskreise. Die wiederum aber können dann selbst organisiert in ihren Handlungsrahmen handeln und untereinander stimmen die sich aber wieder in einem Kernkreis ab, sodass die Geschäftsführung regelmäßig gar nicht so viel zu tun hat. Wenn sie einmal alle Aufgaben gut verteilt hat, haben sie gar nicht so viel zu tun.

 

Jo Seibert:

Genau. Und das ist ja auch nicht so, dass dann der Koordinationskreis Organisationsentwicklung dem Top Kreis berichtet. Also wenn du sagst, klassisches Organigramm, dass wir eben dem Top Kreis sagen, wir wollen das jetzt machen, dürfen wir. Sondern wir haben gesagt, der Top Kreis hat eigentlich nur zwei Möglichkeiten diesen Koordinationsrat zu gründen und irgendwann vielleicht auch wieder aufzulösen, weil man sagt, Organisationsentwicklung muss jetzt irgendwo anders geschehen, das passt nicht mehr.

 

Oder man kann es vielleicht auch in einer Neubesetzung diskutieren, ja, aber in der Entscheidungsfindung, in der praktischen Arbeit hat der Top Kreis da nichts zu sagen. Ich würde sagen, das ist auch ein zentraler Unterschied zu einer hierarchischen Organisation,

 

Sarah Boost:

Was auch ein Unterschied ist, ich weiß gar nicht, ob das jetzt schon gesagt hattest, Jo, wir haben zwar gesagt, dass der Top Kreis schon jetzt bei einer Erstbesetzung dieser Gastgeber von den Koordinationskreisen mitspricht. Aber, dass das nur temporär sein soll und dass diese Koordinationskreise, in der kollegialen Führung heißt es ja Gastgeberrolle, dass die schon von den jeweiligen Kreisen dann selbst gewählt oder bestimmt wird und nicht von dem Top Kreis. Das ist glaube ich auch nochmal ein Unterschied zu klassischen Organisationen, wo dann von ganz oben jemand bestimmt wird und man eigentlich gar kein Mitspracherecht hat.

 

Ralf Janssen:

Also was ich so verstanden habe, dass die am Anfang die Leute sicherzustellen, daran arbeiten müssen, die werden erst einmal von den Gesellschaftern/Geschäftsführern bestimmt, aber eben nur initial und dann ins Tun zu kommen, weil die sowieso auf diesen Themen sind und weil die Wahrscheinlichkeit, dass sie in diesen Kreis gehören, ja auch hoch sind, weil die werden ja ihr Arbeitsfeld nicht ändern nur, weil wir jetzt eine formelle Struktur haben.

 

Jo Seibert:

Genau. Und deswegen finde ich auch den Begriff Gastgeber eigentlich schön, weil es eben nicht Abteilungsleiter, Organisationsentwicklung oder sowas ist. Entschuldigung, Abteilungsleiterin. Sondern es ist eben ein Gastgeber eines oder Gastgeberin, eines Kreises, was ja auch so ein bisschen verdeutlicht, dass es nicht darum geht, jetzt irgendwie Entscheidungen zu treffen, sondern irgendwie die richtigen Leute zusammenzubringen. Dafür zu sorgen, dass die zusammenkommen, dass man sich eben koordiniert und vielleicht auch dafür zu sorgen, dass dieser Kreis sich in Anführungszeichen sauber konstituiert. Also, wen müssen wir dabeihaben? Wie oft treffen wir uns? Wie sind unsere Entscheidungsformate? Und das ist eigentlich so ein bisschen die Aufgabe des Gastgebers und nicht Entscheidungen zu treffen für andere.

 

Ralf Janssen:

Und nochmal zurück zum Kernkreis, nur um das Bild, ein bisschen vollständiger zu bekommen. Das heißt also, dann senden die jeweiligen größeren oder wichtigeren Koalitionskreise, ja nicht jeder Koalitionskreis, sondern nur bestimmte, die man noch herausfinden muss, welche das sind. Aber die entsenden dann eben ein Mitglied in einen Kernkreis und habt ihr da eine Vorstellung, was denn dort dann geschieht in dem Kernkreis? Fiese Frage.. [lacht]

 

Jo Seibert:

Also seit dem letzten Arbeitstreffen, da hab ich die Frage gestellt, brauchen wir den überhaupt oder sind nicht eigentlich die Leute in den unterschiedlichen Koordinationskreisen, wo sie entsprechend irgendwie auch mitentscheiden dürfen? Also ich würde sagen, das ist noch Work in Progress. Also ich ich kann es dir nicht sagen. Vielleicht habt dir eine Antwort darauf.

 

Sarah Boost:

Also meine Idee wäre zumindest, dass man sich da zu übergreifenden Themen austauscht. Wir haben schon gemerkt, dass es eine Tendenz gibt, dass wir einfach jeden Kreis gleich besetzen, also überall die gleichen Leute dann drin sind. Und das ist ja dann so ein bisschen witzlos. Von daher wäre meine Idee, dass die sich schon im Kernkreis treffen und z.B. OE und Strategie sich zu Schnittstellen-Themen beispielsweise austauschen, wo Personal aber vielleicht auch ein Interesse daran hat, da mit zu sprechen oder zumindest mal mitzubekommen, was da passiert und auch regelmäßig ein Inspect zu machen zu den Themen, die da von den Kreisen betreut und verantwortet werden.

 

Also zu gucken, funktioniert das denn? Haben wir überhaupt eine gute Strategie? Müssen wir da vielleicht nochmal nachziehen? Wie kriegen wir die auch runter gebrochen auf die einzelnen Bereiche? Wie funktioniert die Zusammenarbeit zwischen den Kreisen usw.? Das wäre zumindest so meine Idee davon. Aber da müssen wir dann gucken, wie es in der Praxis läuft.

 

Ralf Janssen:

Genau, das ist halt ein gutes Beispiel, wie wir diese Vorgehensweise auch verstehen. Wir haben jetzt kein fertiges Organisations-Design in der Tasche, was jetzt ausgerollt wird, sondern wir haben die nächsten Schritte definiert. Also der Top Kreis hat jetzt definiert, es soll vier oder fünf Koordinationskreise geben. Und dann ist ja die Idee gewesen, dass wir jetzt erstmal in dem Unternehmen suchen, wer gehört denn in diese Koordinationskreise überhaupt rein. Also ich glaube, korrigiert mich mal, also Personal, Finanzen, Strategie, OE, was haben wir noch? Portfolio?

 

Das sind die wesentlichen großen Kreise, die da bisher benannt worden sind. Und das heißt, jetzt würden wir uns erst einmal in so eine Phase begeben. Dann machen wir einen Informations-Workshop für alle Mitarbeiter, die sich interessieren und sagen Okay, wer ist denn für welches Thema überhaupt wichtig oder relevant? Mit den natürlich möglichen Doppel-Meldungen, dass ein Mensch vielleicht in mehreren Kreisen relevant sein kann, das ist ja auch klar.

 

Und dann würden wir eben die Leute irgendwie zusammenbringen, die sich für ein Thema relevant halten. Also die Finanzleute zusammen, die Personalleute zusammen, die Portfolioleute zusammen, damit die dann ihre Kreis-Konstitutionen selber managen und planen. Also was brauchen die für Freiräume, Entscheidungsfreiräume? Wer soll denn dazugehören? Wie wollen sie sich treffen? Wie treffen sie Entscheidungen? Und solche Fragen, die müssen die ja dann erst einmal selbst erarbeiten. Das ist ja nicht das, was wir alles vorgeben wollen und designen wollen, sondern das soll sich ja im Prozess ergeben.

 

Jo Seibert:

Das klingt sinnvoll. Du bist ja der Experte dafür. Ich bin so ein bisschen noch am Nachdenken darüber, was ist der erste Kreis, mit dem wir anfangen. Wieviele Kreise braucht es eigentlich? Wieviel Leidensdruck muss eigentlich da sein? Weil ich merke jetzt schon, also ohne dass wir das groß haben, dass Abstimmungen relativ viel Zeit in Anspruch nehmen. Und wir wollen natürlich auch nicht irgendwie unseren Kunden und die Wertschöpfung irgendwo aus den Augen verlieren und es nur noch um selbst drehen.

 

Jo Seibert:

Also es muss schon auch irgendwie sinnvoll sein, sich abzustimmen und irgendwie ein Leiden mindern, sag ich mal. Dann ist es sinnvoll, dass wir da einen Koordinationskreise haben. Aber wenn die sagen, eigentlich gibt es gar nichts zu besprechen. Und wir sitzen hier nur jedes Mal rum und langweilen uns. Ja gut. Das ist nicht mein Ziel.

 

Ralf Janssen:

Wobei die das ja auch dann selbst in der Hand haben, wie oft sie sich treffen. Es gibt ja vielleicht welche, die treffen sich wöchentlich und welche, die monatlich treffen oder sogar 3-monatlich treffen. Also das können sie alle selber bestimmen. Hauptsache, dass der Sinn und Zweck dieses Koordinationskreises sichergestellt wird.

 

Sarah Boost:

Ja, ich glaube, das wird auf jeden Fall eine Herausforderung, dass die Kreise auch schnell ins Tun kommen. Dass wir uns nicht zu lange damit aufhalten, die Formalismen aufzubauen und nicht in dieser Bearbeitung und in diesen Flow kommen. Weil ich glaube, dass sorgt schnell für Frustration. Wir hatten, vielleicht mal so als Beispiel, als wir auch mal mit OKAs gearbeitet haben. Wir machen es immer noch in einer irgendwie abgewandelten Form. Aber da waren wir auch so im Zwiespalt zwischen, wir halten uns ganz formell an das, was man da alles beachten muss. Und die Teams sind sehr schnell unruhig geworden, weil sie auch gesagt habe, das ist alles Korinthenkackerei. Ob das jetzt irgendwie Output oder Outcome ist und ob es jetzt ein Ziel in der Maßnahme oder sonst irgendwie was ist. Also ich glaube, dass das wird eine Herausforderung, die Teams oder diese Kreise schnell ins Tun zu bringen. Und dass die wirklich schnell auch merken, dass das einen Vorteil bringt, so zu arbeiten und wir uns eben nicht in diesen Formalismen und diesen Details verlieren.

 

Ralf Janssen:

Ja, da steht ihr ja auch anders wie andere Unternehmen, die ich sonst begleite. Bei den klassischeren Unternehmen, sag ich mal, die man auf dem Weg in die Agilität begleitet, da ist es hier eher so, sie zu ermutigen. Probiert mal etwas aus, werdet mal mutiger und macht mal einen Prototypen und ein Experiment. Das können die ja in der Regel gar nicht, weil sie in der geprägten Organisation diese Freiheiten nicht hatten. Und bei euch ist es so, dass eure Mitarbeiter schon sehr, sehr lange viele Freiheiten haben und ganz viel informell auch geschieht. Und jetzt auf einmal kommen formelle Prozesse, die dann möglicherweise als Bürokratie wahrgenommen werden. Also ich glaube, das ist genau umgekehrt. Also es ist so ein bisschen Zurückrudern von zuviel Freiheit, als es jetzt im klassischen Kontext, wo ich sonst unterwegs bin.

 

Sarah Boost:

Ja, absolut. Ich muss das sogar selbst sagen als Organisations Entwicklerin, die diesen ganzen Prozess angestoßen hat. Ich halte das für sehr sinnvoll und notwendig, dass wir gesund weiter wachsen können oder auch sinnvoll weiter existieren können als Unternehmen. Und gleichzeitig ist es für mich auch ein Schmerz. Also ich bin eher so jemand, der das große Ganze und die Meta-Ebene sieht und jetzt so diese ganze Detailarbeit zu leisten, ist schon auf jeden Fall eine Herausforderung.

 

Jo Seibert:

Na ja, und es ist natürlich auch Wegnehmen. Also ich weiß nicht, ob das vielleicht sogar schwieriger ist, als wenn du jetzt aus einem wie du sagst tayloristischen Unternehmen kommst und sagst, Ja gut, jetzt gibt es hier Freiräume, die müsst ihr erstmal üben zu füllen. Und bei uns ist es ja genau umgedreht, wie du schon sagtest. Wir nehmen jetzt etwas weg und ich meine, es sind jetzt vielleicht andere Beispiele, aber wir reden z.B. über flexibles Sitzplatz Konzept und dann geh mal zu der Mitarbeiterschaft und sage ihnen, ich nehme euch jetzt euren festen Arbeitsplatz weg.

 

Ralf Janssen:

Ja, das habe ich in tayloristisch geprägten Unternehmen auch schon gehabt, solche Prozesse.

 

Jo Seibert:

Das ist jetzt ein anderes Thema. Aber Wegnehmen ist schon auch irgendwie schwierig. Vorher durfte ich alles selbst und jetzt darf ich nicht mehr. Und ich glaube schon, dass das auch Gewöhnung bedarf zum einen, und auf der anderen Seite, sehe ich das ein bisschen wie Sarah. Es muss irgendwie gute Erfahrungen geben damit. Ja, man muss merken, dass uns das voranbringt, dass das hier hilft, dass das vielleicht Abstimmungs Overhead minimiert oder was auch immer.

 

Ralf Janssen:

Ich habe gerade so ein Bild im Kopf, was ich mal mit meinem Unternehmen erlebt habe. Das passt vielleicht als Beispiel, es war ein sehr patriarchalisch hierarchisch geführtes Unternehmen. Dann ist der jüngere Erbe quasi in die Geschäftsführung gekommen und der Senior hat sich rausgezogen, es gab dann einen sehr großen Führungswechsel. Der hat dann die ganzen alten eingesessenen Führungskräfte quasi entmachtet, man hat gesagt, sucht euch mal einen neuen Job im Unternehmen etc. Und das hat natürlich einen sehr schwierigen Prozess ausgelöst, weil eben die Leute es gar nicht gewohnt waren. Der Parochial hatte eigentlich immer gute Entscheidungen für alle getroffen und alles war in Ordnung. Es war jetzt kein schwieriges Unternehmen als solches. Sie waren es so gewohnt, eingespielt. Und dann haben sie aber trotzdem irgendwie 50 Millionen Euro Umsatz gemacht, und da habe ich gefragt, ja sag mal, wenn ihr keine Führungskräfte habt, wie macht ihr denn diese 50 Millionen Umsatz? Irgendwie funktionierte euer Laden auch. Weil sonst kriegt ihr ja nichts ausgeliefert. Dann stellte sich raus, dass natürlich diese ganze Schatten-Organisation weitergelaufen ist. Sie hat sich natürlich ein bisschen verändert, aber die Schatten-Organisation war nicht transparent. Und dann wurde es halt schwierig in diesem Bereich. Und da musste man gucken, wie schafft man es wieder aus der Schatten-Organisation heraus. Weil die hatten dann auf einmal ganz viele Freiheiten, aber sie waren nicht transparent und so könnte das so ein bisschen vergleichbar sein.

 

Wie schafft man es aus dieser Intransparenz heraus? Es ist ja eigentlich keine Schatten-Organisation, so weil sie auch gewollt war. Aber sie war intransparent. Also wer entscheidet wann und wo und wie? Das war ja bisher nicht ganz klar. Da sehe ich eine Parallele in der Herausforderung zwischen auch den anderen Unternehmen, die ich mal begleitet habe, obwohl ihr sonst so eine Sonderrolle eigentlich habt, als ein doch schon relativ stark agiles tätiges Unternehmen.

 

Aber was sind denn so die nächsten Schritte ganz konkret? Also jetzt an den OE Kreis gerichtet. Was habt ihr euch denn jetzt vorgenommen? Wie geht ihr jetzt vor? Also der Beschluss der Gesellschafter liegt ja vor. Es wird weitergemacht. Es sollen Kreise gegründet werden. Wir haben im Template immer mal darüber gesprochen. Das Template macht, wie ein Kreis konstituiert werden soll. Aber wie geht es konkret weiter?

 

Sarah Boost:

Genau. Also ein paar Sachen hast du ja jetzt schon gesagt. Wir wollen auf jeden Fall nochmal eine größere Informationsveranstaltung machen, also wo wir darüber informieren, weil selbst Jo und ich haben in der Kleinarbeit ja gemerkt, wie lange wir brauchen, um uns wirklich gedanklich auf diese neue Logik auch einzulassen. Von daher glauben wir auch, es ist wichtig da die Leute frühzeitig abzuholen. Gleichzeitig, wie du schon gesagt hast, Kreis Konstitutionen würde man bei dem Organisationsentwicklungs-Kreis anfangen.

 

Ein Template aufsetzen, einmal formulieren wie arbeiten wir denn zusammen, so etwas wie ein Delegation Board zu machen. Also welche Verantwortung/ Aufgaben haben wir? Wer ist mitbeteiligt, mit wem arbeiten wir zusammen? Ja und das gleiche dann auch mit den anderen Kreisen zu machen.

 

Ralf Janssen:

Aber hintereinander weg quasi dann nicht alles gleichzeitig.

 

Sarah Boost:

Genau hintereinander weg und da natürlich unsere Erfahrungen zu sammeln und stetig auch anzupassen. Also wenn wir merken, irgendwas funktioniert nicht gut, das auch wieder anzupassen.

 

Ralf Janssen:

Haben die Mitarbeiter eigentlich vor dem letzten größeren Workshop, den ich ja auch begleiten durfte, eine Zwischeninformation bekommen? So eine formelle oder informelle? Oder wo stehen eigentlich gerade die Mitarbeiter?

 

Jo Seibert:

Ja, das steht ja jetzt an! Wir haben ja einmal im Monat ein Town Hall All Hands oder wie man es nennen will, Meeting. Das ist natürlich momentan auch remote,  aber wo relativ viele zusammenkommen und es ist tatsächlich diese Woche Freitag. Also wenn der Podcast raus ist, ist es dann auch schon erledigt. Und da werden wir nochmal über den aktuellen Stand informieren und dann eben zu der Informationsveranstaltung einladen.

 

Ralf Janssen:

Ja, was ich immer schwierig finde, ist eben mit allen alles entscheiden zu müssen oder arbeiten zu müssen. Das wissen wir selber. Ein Workshop mit 10/15 Leuten ist meistens nicht so effizient, um konkrete Entscheidungs-Vorlagen und Beschlüsse zu bearbeiten. Man kann die zwar beschließen in großen Gruppen, aber irgendwie im Detail ausarbeiten vorher, das passiert meistens im Kleineren. Und insofern würde ich, ich denke jetzt mal laut, so vorgehen, am Anfang erstmal alle Leute zusammen zu holen, wer will denn mitreden?

 

Aber dann könnten aus diesen Leuten eben auch eine Essenz heraus gewählt werden, im Sinne von wer will sich denn um die Konstitution kümmern, damit es überhaupt irgendwie einmal einen Konstitutions-Vorschlag gibt? Also was ist der Sinn und Zweck des Kreises? Wer soll denn dazugehören, etc? Das können dann ein paar Leute von den Betroffenen machen, um dann wieder allen Leuten von den Betroffenen vorzustellen, um dann zu entscheiden, wollen wir es denn so machen, sodass quasi die Ausarbeitung wenige Leute machen, aber der Beschluss auf breiter Front getragen wird.

 

Und das ist auch so ein bisschen Prinzip, was sich in Organisationsentwicklung empfehle, damit nicht alle immer an Allem arbeiten müssen, aber gleichzeitig alle mit eingebunden werden in die Entscheidungsprozesse. Ja, also um jetzt zum Abschluss zu kommen. Aber ich würde euch gerne nochmal fragen, was habt ihr denn eigentlich jetzt gelernt über euch oder über eure Organisation in diesem Prozess? Jetzt in den letzten Wochen? Das wäre einmal eine spannende Frage, wenn wir das auch fortsetzen bei den nächsten turnusmäßigen Folgen. Immer gibt es ein kleines Learning mitzuteilen. Vielleicht für unsere Hörer.

 

Sarah Boost:

Genau. Also ein Learning war für mich tatsächlich, dass wir doch noch nicht so weit sind, wie ich es vielleicht einmal dachte oder mir erhofft hatte. Meine Hoffnung war, dass wir diesen Top Kreis, also diese zusätzliche Herausstellung der Geschäftsführung gar nicht mehr brauchen, sondern dass das auf Augenhöhe beispielsweise direkt in so einem Kernkreis passieren kann.

 

Jo Seibert:

Und was ja lustigerweise auch eigentlich unser erster Vorschlag war, der ja nicht auf Widerstand gestoßen ist.

 

Sarah Boost:

Genau, also das war auf jeden Fall ein Learning von mir und da schließt sich auch an, dass das glaube ich einfach Zeit braucht, dass das eine neue Logik ist, die erst einmal reifen muss, die sich entwickeln muss und wo man gucken muss, wie sich das weiterentwickelt im täglichen Doing.

 

Jo Seibert:

Also ich würde sagen, mein Leben geht in eine ähnliche Richtung. Ja, also dieses Loslassen Können, dachte ich auch. Tatsächlich würde uns das leichter fallen, weil unseren Führungsstil ich eher als laissez-fair bezeichnen. Also eher zu wenig präsent. Und ja, klar gibt es da manchmal Situationen, wo man dann vielleicht auch autoritär rüberkommt. Ja, das ist vielleicht jetzt genau der Punkt. Aber dieses Loslassenkönnen, dass das uns doch schon auch noch beschäftigt. Und trotzdem bin ich zuversichtlich, dass die jetzt gefundene Lösung eigentlich führt, insbesondere für den ersten Schritt. Wir reden ja über iteratives Vorgehen und vielleicht stellen wir auch irgendwann fest, dass wir diesen Top Kreis ja gar nicht mehr brauchen. Mal sehen.

 

Ralf Janssen:

Und der erste Vorschlag war ja nicht der Top Kreis, sondern hatten wir ja schon direkt so eine Art Kernkreis gehabt. Und dann kam aber aufgrund von bestimmten Befindlichkeiten eben, kam dann der Top Kreis noch hinzu.

 

Jo Seibert:

Vielleicht, wenn die dann irgendwann obsolet sind oder sich herausstellt, dass es doch alles ganz gut läuft, vielleicht sagt man dann auch dieser Top Kreis ist eigentlich auch obsolet, es braucht eigentlich nur noch ein Kern Kreis, wo Leute aus den Koordinationskreisen mit denen, die die Geschäftsführungsaufgaben haben, sich eben abstimmen und der Top Kreis einfach hinten runterfällt irgendwann. Mal sehen.

 

Sarah Boost:

Ich glaube was auch noch wichtig ist, wo wir ja auch gedanklich ab und zu mal reingefallen sind, ist, dass man die Kreise von innen immer versucht abzuleiten. Also es gibt den Top Kreis da. Davon leiten sich dann Koordinationskreise ab und von denen müssen dann auch wieder Kreise abgehen, bis man quasi das ganze Unternehmen von innen heraus sauber aufgeschlüsselt hat. Und da haben wir auch gemerkt, dass ist eigentlich Quatsch. Also dann hätten wir wieder eine neue Pyramide in Form eines Kreises. Nur weil es irgendwie cooler aussieht. Und das ist es ja nicht. Das ist eine deutlich komplexere Netzwerk Struktur innerhalb dieses Unternehmens. Und dass sich das nicht so einfach abbilden lässt. Ich glaube, das ist auch ganz wichtig, dass man da nicht in diese alten Denkmuster, die einem bekannt sind, immer wieder hereinfällt, sondern guckt, wie funktioniert das bei uns tatsächlich? Was ist wie miteinander vernetzt und wie auch nicht? Ja, das war auf jeden Fall auch noch ein großes Learning.

 

Ralf Janssen:

Ich nehme es halt wahr, dass es sehr fluide ist und sowohl von oben als auch von unten können ja irgendwelche Kreise entstehen. Also überall da, wo ein Bedarf gesehen wird. Und die Geschäftsführung hat möglicherweise Bedarf an bestimmten unternehmenssichernden wichtigen Koordinationskreisen wie Personal und Finanzen. Aber irgendwie einen Produkt Kreis hat dann vielleicht mit einem bestimmten anderen Produkt Kreis viele Schnittmengen und sagen selbstorganisiert brauchen auch einen Koordinations Kreis.

 

Sarah Boost:

Absolut, ja. Ich glaube aber, dass man in der Kommunikation oder auch wenn Leute das hören, man schnell in dieses Denken reinfällt, weil man das so kennt. Von oben nach unten werden Sachen ordentlich hierarchisch durchdekliniert und so ist es ja bei uns auch heute nicht. Und so wollen wir es ja auch zukünftig nicht. Und ich glaube, das ist wichtig, das zu verstehen und da diese Unterscheidung zu machen.

 

Ralf Janssen:

Okay. Und auf was dürfen sich jetzt unsere Hörer freuen, wenn wir ungefähr in vier Wochen wieder dabei sind? Was haben wir denn? Was wollen wir denn in den nächsten vier Wochen bewegen?

 

Jo Seibert:

[Lacht] Die Erwartungshaltungen sind, das ist ja eine gute Frage. Also wie gesagt, auch ein weiteres meiner Learnings ist, es geht nicht so schnell, wie man sich das alles wünscht. Ja, es ist vielleicht keine neue Erkenntnis, aber insofern bin ich gespannt, was wir in den nächsten vier Wochen schon erreicht haben werden. Also wir haben ja schon über unsere Vorgehensweise gesprochen. Vielleicht wäre ein Ziel zumindest mal den OE Organisations Entwicklungskreis sauber aufgestellt zu haben, zu wissen, wer ist da drin? Wie treffen wir Entscheidungen, wie oft treffen wir uns? Ja, das wäre zumindest mal mein Ziel. Oder hast du höhere Ziele?

 

Sarah Boost:

Nein, das klingt gut. Und eine Idee zu haben, wer in den anderen Koordinationskreisen sitzt und mit wem wir dann zusammen in diesem Kern Kreis arbeiten, das wäre auf jeden Fall schon ein guter nächster Schritt, würde ich sagen.

 

Ralf Janssen:

Ich glaube, die Informationsveranstaltung ist die schon terminiert oder nicht? Aber die wäre ja zumindestens jetzt in nächster Zeit auf jeden Fall. Dann die Resonanz. Also das da dürfen sich unsere Hörer dann drauf freuen, um dem Wissen nochmal Interesse zu schüren für die nächste Folge. Also wir berichten halt in 4 Wochen wieder über den aktuellen Stand der Entwicklung der agilen Organisationsentwicklung bei Seibert Media. Ihr seid herzlich eingeladen, uns weiter zu folgen. Hier unten werden wir einige Grafiken hochladen. Um ein bisschen zu verdeutlichen, worüber wir heute gesprochen haben. Weil wir verstehen, dass diese vielen Kreise eben auf der Tonspur schwer rüberzubringen sind. Aber für den Interessierten stellen wir noch ein paar Details in den Shownotes dazu.

 

Jo Seibert:

Wenn ihr noch weitere Fragen habt oder auch Anregungen, Ideen, dann kommt gerne auf uns zu,

 

Ralf Janssen:

Wir haben die E-Mail-Adresse! echtjetzt@seibert-media.net

Also, wir freuen uns auf euer Feedback und auf eure Fragen. Die können wir dann auch beim nächsten Mal aufgreifen.

 

Jo Seibert:

Ja, genau. Bis dahin.

 

Ralf Janssen:

Also bis dahin.

 

 

Echt jetzt? Seibert Media denkt Agilität neu. Vielen Dank fürs Zuhören.

 

Wir hoffen, wir konnten euch inspirieren und freuen uns sehr über Feedback und eure eigenen Erfahrungen. Schreibt uns an echtjetzt@seibert-media.net. Mehr über Seibert Media erfahrt ihr auch in unserem Podcast Kick Ass Software Rock'n Roll Teams. Also bis zum nächsten mal.

 

Ralf Janssen:

Wir sind jetzt gerade in der Nachbesprechung auf den Punkt gestoßen, den ich total spannend finde, weil mir so aufgefallen ist. Ich habe gerade als Feedback gegeben, dass wir nicht so gut in den Flow gekommen sind wie beim letzten Mal und da haben wir uns gefragt, woran liegt das? Und da kam von Sarah was, worüber ich mich sehr darüber gefreut habe und Sarah, deswegen würde ich dich bitten, das nochmal einzubringen. Was glaubst du denn, warum das so ist?

 

Sarah Boost:

Also ich habe es ja gerade eben auch in der Podcast Folge schon gesagt, dass es für mich schon so ein bisschen auch ein schmerzhafter Prozess ist, weil es sehr viel Ausdifferenzierung ist und das zum einen nichts ist, was mir wahnsinnig liegt. Also ich mag ja schon auch so dieses dynamische, was wir irgendwie vorher hatten. Und zum anderen kann ich mich auch mit der Lösung, die wir da erarbeitet haben, nicht 100 Prozent identifizieren. Also es fühlt sich für mich nicht so nachdem an, wo ich sage, geil, das ist jetzt echt eine richtig coole Lösung und die wird uns richtig weiterbringen. Also ich halte es für sinnvoll. Mein Kopf hält es für sinnvoll. Aber ist es jetzt nicht, dass ich mit dem Herzen voll dabei bin. So und das spiegelt sich wahrscheinlich auch im Gesprächsfluss wieder.

 

Ralf Janssen:

Jo, wie geht es dir damit?

 

Jo Seibert:

Ja, ich kann da andocken, was Sarah sagt und gleichzeitig empfinde ich es eher als notwendige Grundlage. Und es ist vielleicht auch mein Kopf, der mir das sagt, dass es wichtig ist, dass wir das mal irgendwie formell glatt ziehen. Also z.B. dass die Gesellschafter mal die Selbstorganisation verordnen und sowas. Und wir auch die Gesellschafter und Geschäftsführer mal klar kriegen. Und das sind ja Themen, die die ganze Zeit schon seit Jahren irgendwie rumwabern.

Also insofern finde ich das schon gut, dass wir die jetzt angehen und irgendwie lösen. Ich bin überzeugt davon, dass das ein guter Weg ist. Und gleichzeitig verstehe ich, es ist natürlich irgendwie trocken und die Einführung eines Formalismus ist jetzt auch nicht das, wofür ich stehe. Ich würde mich auch als sehr pragmatisch beschreiben. Und wenn es jetzt darum geht zu sagen, ja, es gibt da lauter Koordinatonskreise und die müssen sich dann immer besprechen und dann gibt es so Sitzungen und dann wird da im Konsent entschieden mit irgendwie drei Einwand-Runden. Das fühlt sich jetzt für mich nicht so an, als würde ich gerne so arbeiten. Ich würde mich aber tatsächlich darauf einlassen und es ausprobieren wollen.

 

Ralf Janssen:

Ja, aber aus der Rolle der Zuständigen, ihr beide. Was bedeutet das denn für euch? Weil das ist ja genau das, was ich hier gespiegelt hatte. Das, was ich im Podcast wahrgenommen habe, äußert sich ja auch im OE Prozess. Irgendwie in der Zusammenarbeit jetzt oder im OE Kreis Konstitution. Also was bedeutet das denn da für euch? Was wäre denn das, was ihr da jetzt mitnimmt von heute?

 

Sarah Boost:

Ja, das ist eine gute Frage, was ihr mitnehmen, aber ich glaube, es wird auf jeden Fall schwierig, wenn wir selber nicht hundertprozentig dahinter stehen oder auch diese Dynamik nicht mit ins Unternehmen geben. Also wenn wir schon so sind, dass wir sagen, ja, es ist sinnvoll. Aber hey, Bock drauf haben wir da nicht, dann ist die Frage, ob die anderen das machen werden. Als wir Agil eingeführt haben, ich glaube, da standen wir alle dahinter. Wir hatten da Bock drauf. Wir hatten das Gefühl, nicht alle, aber, die, die es eingeführt haben...

 

Jo Seibert:

Also da würde ich widersprechen, es gab sicherlich einzelne. Ich war ja dabei. Ich war ja quasi der Scrum Master des ersten Scrum Teams und kann nur sagen, das Gefühl war teilweise ähnlich. Es war schon so, dass ich bei dieser Schulung war und nach Hause kam und gedacht habe,  das ist gut, das wollen wir machen.

 

Aber dieses Gefühl ist jetzt eigentlich auch da. Kollegiale Führung, das ist gut, das wollen wir machen. Das klingt alles sinnvoll und in der praktischen Arbeit war es ganz genau so wie jetzt auch. Das dann der Entwickler aus dem aus dem Team kam und sagte, ja, warum müssen wir denn jetzt heute das Review machen, nur weil die zwei Wochen rum sind? Wir können es ja auch nächsten Mittwoch machen, das spielt doch überhaupt keine Rolle. Also ist der Sprint dann halt einfach drei Wochen statt zwei.

 

Und das waren genau so Sachen, wo man sagt, nein, aber im Scrum Guide  steht feste Iterations-Länge. Wir machen jetzt heute das Review und wenn es nicht fertig ist, ist es nicht fertig. Und da gab es schon sehr viele Widerstände gegen diesen Formalismus. Und die anderen Teams haben uns auch wirklich kritisch beäugt und haben gesagt, ja, das klappt ja weil ihr so Produktentwicklung macht mit dem Kunden. Das kann überhaupt nicht funktionieren. 

 

Und diese ganzen Meetings, da kommt ihr ja zu nichts anderem mehr und so weiter. Also gab es sehr viel Vorbehalte. Und es war dann eher so, dass wir, ein halbes/dreiviertel Jahr mit dem ersten Pilot Team da herumgemacht haben und dann nach dieser Zeit oder nach drei, vier Monaten vielleicht, irgendwie das Gefühl hatten, doch das ist cool und es ist richtig, was wir hier machen. Aber dann hat es doch noch einen Moment gedauert, bis die anderen da aufgesprungen sind und gesagt haben, das läuft so gut bei euch, wir wollen das auch. Es war nicht so, dass wir da eine Scrum Einführung gemacht haben und dann alle Teams Scrum gemacht haben und total Feuer und Flamme waren.

 

Sarah Boost:

Bei mir war es bisschen anders. Ich bin ja zu Seibert Media gekommen, aus einer klassischen Agentur und auch aus anderen Unternehmen. Und ich war zum einen abgenervt von klassischen Wasserfall Projekten. Also ich hatte einen richtigen Schmerz. Ich habe gemerkt, es funktioniert einfach überhaupt nicht. Und ich war auch angenervt von der Art und Weise hierarchisch zu arbeiten und fand dieses selbstorganisierte, selbstbestimmte, dezentrale Arbeiten. Das hat mich total euphorisiert, würde ich mal sagen. Also diese neuen Werte und Gedanken, die dahinter standen, die haben mich wirklich euphorisiert.

 

Und das habe ich jetzt nicht. Ich habe dieses ja, das ist eine neue Methodik, die ist sinnvoll, aber mir fehlt dieses Geil, das ist etwas, was uns richtig weiterbringen wird. Und ich daran glaube, dass das unsere Zusammenarbeit wirklich im richtigen Schritt voranbringen wird. Das fehlt mir irgendwie noch.

 

Jo Seibert:

Ist das nicht irgendwie der Reiz des Neuen? Also klar ist das irgendwie eine neue Welt, die sich da auftut. Wenn du da reinkommst, dann ist das erstmal begeisternd und das machen ja ganz viele auch schon. Also du kamst ja auch zu dem Zeitpunkt, wo es eigentlich irgendwie Usus war, dass wir Scrum oder Kanban machen und darüber nicht mehr diskutiert wird, ob wir vielleicht doch lieber wieder Pflichtenheft und Wasserfall machen wollen.

 

Da haben ganz viele das gemacht und du bist da mitten reingekommen. Und natürlich war dann alles neu. Es ist ja schon auch so, dass ich das immer wieder mitbekomme. Wenn du bei uns länger bist, dann fühlt sich das extrem anstrengend an. Und dann erzählst du anderen, was wir so machen. Und dann sagen die Boah, das ist ja geil, da will ich auch arbeiten. Und da denke ich, aber es ist so anstrengend. Also ich glaube schon, dass das Außen- und das Innenbild irgendwie ein anderes ist. Und wenn du da lange drin sitzt, dann überrascht dich auch nicht mehr so viel. Da kommt jetzt jemand mit kollegialer Führung und Kreisen und du denkst so, na gut, na mal gucken. Ich finde das jetzt recht normal, auch wenn es wieder eine kognitive Klärung ist, die dir dein Gefühl nicht nimmt.

 

Sarah Boost:

Ja, vielleicht ist es tatsächlich auch das dieser zweite Teil, der ja auch noch ansteht, nämlich den Geschäftszweck nochmal klar zu ziehen. Vielleicht ist das auch etwas, was mir gerade noch so fehlt. Also, wofür mache ich das denn jetzt? Wenn ich in einem Konzern arbeiten würde, dann hätte ich wahrscheinlich ein Problem damit, jetzt das Unternehmen besser aufzustellen, damit es noch mehr dumpfe Produkte verkauft. Also wofür mache ich das denn? Was verändert sich denn dadurch Positives, im besten Fall?

 

Jo Seibert:

Aber das sind ja so einige der Fragen, die für mich in den letzten Jahren offen waren. Ja, wir haben eine Vision, eine inhaltliche, die Zusammenarbeit zu fördern. Das haben wir einmal aufgeschrieben. Aber können wir dann einmal den Unternehmenszweck auch so formulieren, dass alle dahinter stehen und sagen, das ist es? Ja, das ist auch eine der Aufgaben, die in den letzten Jahren mehr oder weniger zu wenig Aufmerksamkeit bekommen haben.

 

Das sind so Sachen und die Gesellschafter/Geschäftsführungs-Diskussion, das ist eine andere. Und so ist es für mich so einer der offenen Fäden, die wir jetzt an dieser Stelle irgendwie zusammenbringen müssen und das eben in dem gesamten Gemenge, finde ich, wichtig und wertvoll. Auch wenn es eben im Detail, die Koalitionskreise und wie viele denn davon, sicherlich auch nicht so mein Experten Bereich ist, dort Ausdifferenzierung zu betreiben. Aber ich glaube schon, dass diese Grundlagen super wichtig sind.

 

Sarah Boost:

Ja, das glaube ich auch. Also ich zweifel nicht daran, dass es wichtig und sinnvoll ist. Wie gesagt, mein Kopf sagt, das müssen wir machen. Das ist die Grundlage für alles. Und das Herz sagt, puh. Ay ay ay...

 

Ralf Janssen:

Okay, dann nehmen wir das mal zum Anlass, hier einen zweiten Schluss zu machen und greifen wir das mal auf, was Jo sagte. Gucken wir mal, was daraus wird und lassen unsere Hörer teilhaben. Bis bald.

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Dieser Inhalt wurde zuletzt am 17.08.2021 aktualisiert.

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