Wie Sie mit Intranet-Tools Ihre Evaluations- und Abstimmungsprozesse effizienter gestalten, schneller zu Entscheidungen kommen und akute Probleme lösen. 

Um unser Anwendungsbeispiel mit den Milchglasfolien auf Kühlschränken auf einer anderen Ebene fortzuführen, bietet sich unsere Diskussion über eine Zertifizierung nach ISO 27001 an. Diese Situation ist grundlegend anders. Das Milchglasfolien-Projekt hätte so gut wie nichts gekostet. Die Kosten einer ISO-Zertifizierung sind dagegen vollkommen unklar. Kostet sie mehrere Hunderttausend Euro? Und schütten wir vielleicht das komplette “agile Kind“ unserer Selbstorganisation mit dem Bade aus, weil wir uns einen bürokratischen Prozess aufbürden, der mit unserer Agilität inkompatibel ist? Lohnt sich diese Investition überhaupt, nur weil ein paar Kunden danach gefragt haben? Schließlich haben wir die Hostingaufträge bisher immer auch ohne dieses Zertifikat bekommen. Die Daten sind auch so sicher – ob nun zertifiziert und extern auditiert oder nicht.

Es wird schnell klar, dass wir so eine komplexe Idee nicht in einem Chat und mit einem Micropost evaluieren und möglicherweise sogar verwerfen können. Die Persistenz der beiden Kanäle Chat und Microblog ist dafür einfach nicht hoch genug. Ein solch wichtiges und komplexes Thema muss über Wochen oder gar Monate hinweg analysiert und diskutiert werden. Es braucht die Expertise von Außenstehenden. Es sind Argumente zu sammeln, gegenüberzustellen und abzuwägen.

Bei einer Entscheidung für oder gegen eine ISO-Zertifizierung ist von vornherein klar, dass es unmöglich ist, die Frage eindeutig zu klären. Es wird kaum gelingen, absolut hieb- und stichfest zu belegen, dass eine solche Aktivität sinnvoll oder aber entbehrlich ist. Oft ist das nicht einmal im Nachhinein möglich. Die Beweisführung erfolgt oft anekdotisch und anhand von Geschichten, die die Beteiligten heranziehen, um eine Entscheidung zu stützen.

Ein Intranet muss dem Team bei einer so weitreichenden Entscheidung helfen, die Transparenz bei der Entscheidungsfindung zu erhöhen und das Entscheidungsverfahren ausführlich zu dokumentieren. 

Gerade bin ich versucht zu sagen, dass ein Intranet bei der Objektivierung solcher Entscheidungen hilft. Aber da würden Sie mir wohl zu Recht widersprechen. Trotz der Dokumentation und trotz aller Analysen, die für das gesamte Unternehmen verfügbar sein werden, ist eine solche Entscheidung am Ende immer noch teils eine Bauchentscheidung. Es ist eine unternehmerische Wette, die mit einem Risiko verbunden bleibt.

Bei komplexen Entscheidungsprozessen kann das Zusammenarbeits-Intranet seine ganze Bandbreite und Stärke ausspielen. 

Es ist eine Sache, schnell und unkompliziert zu kommunizieren (Chat, Microblog) oder Nachrichten und Neuigkeiten im Unternehmen zu verbreiten (Intranet-News). Aber im genannten Beispiel geht es weder um das eine noch das andere. Es geht um ein Ringen um die richtige Entscheidung. Es geht um einen Pfad, auf dem uns die klassischen Lean-Start-up-Methoden nicht helfen. Bei Entscheidungen dieser Größenordnung können Sie nicht so einfach mal schnell scheitern (“fail fast”) oder “frühzeitig umfassend von Kunden lernen”.

Sie müssen ein wirklich relevantes Risiko eingehen, um später vielleicht festzustellen, dass die Erträge doch nicht so hoch sind, wie Sie es erhofft hatten. Im Unternehmen gibt es zahlreiche solcher Entscheidungen, die miteinander um die verfügbaren Kapazitäten der Mitarbeiter konkurrieren. Allein in unserer Firma haben wir gefühlt fünfzig wirklich coole Projekte, aber in den nächsten sechs Monaten nur Zeit für höchstens zehn von ihnen.

Ein klassischer Ansatz ohne Intranet besteht darin, dass schlicht diejenigen Projekte voranschreiten, die die Menschen vorantreiben. Es handelt sich um etwas, das unsere Kunden oft als “Fakten schaffen” beschreiben: Wir fangen einfach mal an! Wenn wir dann irgendwann Wellen schlagen, ist das Projekt schon so weit gediehen, dass es einfacher scheint, es abzuschließen, als es zu stoppen. 

Natürlich ist klar, dass fünfzig angefangene Projekte der Organisation deutlich weniger bringen als zehn abgeschlossene. Außerdem ziehen sich solche Projekte wie Kaugummi und brauchen ewig, weil die Leute, die daran beteiligt sind, ständig zwischen ihnen hin- und herspringen. Sie können sich nicht fokussieren, und folglich muss ihre Leistung hinter ihrem eigentlichen Potenzial zurückbleiben. Viele unserer Kunden, die sich mit diesem Problem herumschlagen, kommen irgendwann auf uns zu und sagen: “Wir brauchen eine Ressourcenplanungs-Software!” Dieses Anliegen ist zumeist von der Vorstellung getragen, dass eine zentrale, koordinierte Planung den Mitarbeitern den Fokus zurückgeben kann: Heute 70 Prozent auf Projekt A und 30 Prozent auf Projekt B, morgen 100 Prozent auf Projekt C und so weiter. Dieser Ansatz hat jedoch eine kleine Schwäche: Er funktioniert nie. Also in null von 50 Projekten. 

Vergessen Sie Kapazitätsmanagement. So etwas können Sie mit Maschinen machen, aber nicht mit Menschen.

Wer Menschen in zwanzig Stücke teilen und die Produktivität auf fünfzehn Projekte verteilen will, versucht, die Symptome einer unzureichenden Organisation zu behandeln. Was Sie damit erreichen, ist bestenfalls eine kurzzeitige Linderung. Gewiss: Sie können einem Schwerkranken fünf Wochen ohne Beschwerden ermöglichen, ehe die Schmerzen wieder von vorne losgehen. Oder Sie können darauf hinwirken, ihn vollständig zu heilen.

Ein Intranet, das schwierige Entscheidungen unterstützt, Prozesse transparent macht und eine Beteiligung am unternehmerischen Ringen ermöglicht, arbeitet an den Ursachen. 

Wenn Sie es schaffen, zehn Projekte stringent und konzentriert durchzuziehen, statt fünfzig Projekte gleichzeitig köcheln zu lassen, passieren viele Dinge, die sich für die Mitarbeiter magisch anfühlen. Aber sprechen wir erst einmal darüber, wie das konkret abläuft: Wir überlegen also, ob wir eine ISO-Zertifizierung anstreben sollen. Gehen wir ruhig den ganzen Weg noch mal durch.

In einem Messenger schreibe ich in die geschützte Gruppe “Geschäftsführung”: “Ich überlege, ob wir uns als Unternehmen nicht nach ISO 27001 zertifizieren lassen sollten. Das fordern einige unserer Kunden. Aktuell haben wir keine Zertifizierung. Aufträge erhalten wir derzeit trotzdem noch. Aber das kann sich künftig ändern. Diese Investition finde ich sinnvoll. Was denkt ihr?”

Ich erhalte ein, zwei schnelle Zustimmungen. Also gehe ich weiter in unseren Intranet-Microblog und beschreibe das Anliegen ein bisschen ausführlicher. Nun ist es für alle Kollegen im Unternehmen sichtbar. Der Microblog ist themenbasiert (Threading) und Diskussionen rutschen mit jedem Kommentar immer wieder nach oben. Jeder Beteiligte kann ein Thema mit einem Diskussionsbeitrag also wieder an die Oberfläche der Aufmerksamkeit bringen.

Wir gehen jetzt einfach mal davon aus, dass ich in dieser Frage – anders als bei der Kühlschrankfolie, für die ich intern inzwischen gehänselt werde – eine grundsätzliche Zustimmung und ein bisschen Skepsis bekomme. Doch so oder so kann ich jetzt nicht direkt eine Entscheidung treffen. Ein Schritt wie dieser wird bei uns nicht einfach von oben angewiesen. Wir legen für solche weitreichenden, das ganze Unternehmen betreffenden Entscheidungen intern eine “Agile-Org-Story” an. Als Agile Org bezeichnen wir den Prozess, der unsere Unternehmensorganisation ganzheitlich steuert. Das ist eine Besonderheit in unserem Unternehmen, die der umfangreichen Autonomie der Teams und Mitarbeiter geschuldet ist. Ich will dieses Vorgehen hier auch nicht vertiefen. Sagen wir einfach, dass unsere Agile Org mit Ihrem Vorstandsgremium oder der Geschäftsführung oder eben “den Mächtigen” zu vergleichen ist. Dort wird irgendwann mal die Entscheidung über mein Anliegen getroffen.



Das Social Intranet

Zusammenarbeit fördern und Kommunikation stärken. Mit Intranets in Unternehmen mobil und in der Cloud wirksam sein.

Virtuelle Zusammenarbeit in Unternehmen: Social Intranets als digitale Heimat 

Nie zuvor wurde die Unternehmenswelt so sehr von Cloud-Software und Spezialanbietern überrannt wie jetzt. Es gibt so viel Software, dass es immer schwieriger wird, den Überblick zu behalten. Umso wichtiger ist es für die Zukunft von Unternehmen, einen Ort der digitalen Zusammenkunft zu haben. Einen verlässlichen Heimathafen, sinnvoll vernetzt mit den zahlreichen anderen Systemen. Eine Möglichkeit, sich einfach und schnell zu orientieren, die Transparenz im Unternehmen zu erhöhen und die Zusammenarbeit effektiver zu gestalten.
Dieses Buch verrät Ihnen aus langjähriger Erfahrung heraus, wie das heute schon geht und welchen vermeintlichen Trends Sie lieber nicht folgen sollten.

Über den Autor

Martin Seibert war 17, als er das Softwareunternehmen Seibert Media gründete. 24 Jahre später hat es knapp 200 Mitarbeiter und macht 35 Millionen Euro Umsatz im Jahr. Seine Begeisterung für Technologie teilt er seit vielen Jahren in YouTube-Videos – und jetzt auch in seinem neuen Buch über Social Intranets.


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Dieser Inhalt wurde zuletzt am 17.04.2020 aktualisiert.

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